Gedichte


ABENDLICHT (Ausschnitt), Aquarell, 2005, ©Johann Wolfgang Busch
ABENDLICHT (Ausschnitt), Aquarell, 2005, ©Johann Wolfgang Busch

Inhalt:



2019

 

ALS DEIN STERN MEINE STIRN BERÜHRTE

Als dein Stern meine Stirn berührte

ward unser Tag empor gehoben auf einen Gipfel reinen weißen Friedens
und unsere Tränen, unser Lachen und die Freude, wie sie Kinder haben,
ließen als Boten sich der Liebe bei uns nieder.

Und es verstummten all die uns bekannten Worte, die wir einstmals sprachen,
bis wir uns hörten in dem Schweigen einer unsagbaren Nähe,
in einer Stille, wo die Sterne singen -

Als dein Stern meine Stirn berührte

tauchte die Taube aus des Himmels uns noch unbekannter Wölbung mit ihren weißen Schwingen in den Herzschlag dieser Zeit,
Geheimnisse unter den Flügeln bergend -

In jener Nähe einer heiligeren Gegenwart, die unsre Tage, unsre Nächte schützt,
ahnend der Morgenröte göttliche Gestalt, hob ein Gedanke sich,
ward Dankbarkeit, ward meine Morgensonne -

Als dein Stern meine Stirn berührte

wurde mein Tag zur Nacht und aus den Sternen deiner Augen sprach ein Licht von jener Liebe, die den Tod besiegt und von den Wundern,
die nur die Hand der Andacht kurz berühren darf -

Ich fühlte ewig nah die Blüte mir der Liebe, die aus erlebten Leid erblüht,
so wie das Lachen froher Kinder sich aus Tränen einer kurzen Angst erhebt
hin zu den Ufern eines seligeren Lebens -

Als dein Stern meine Stirn berührte.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2019

 

 

 

DEIN URBILD, GELIEBTE

Wie oft, Geliebte, sind wir schon gestorben
und noch verborgen war deine Gestalt;
dem letzten Tod, so jung und so uralt,
enthob sie sich, im Zeitlosen geborgen.

So bist du lächelnd neben mir gegangen
und wie umfangen von ewigem Licht,
sah ich wie Götter einst dein Angesicht
aus Liedern schufen, die die Sterne sangen.

Wie könnte ich noch ohne dich hingehen,
da ich nun weiß, dass du die Meine bist?
Ich sah dein Urbild die Gestalt durchwehen
und wer das Tor hin zu den Sternen ist!
  

© Johann Wolfgang Busch, 2019

 

 

 

UND ICH SAH DEINEN ENGEL

Ich habe deine wahre Gestalt gesehen
und ich sah deinen Engel,
der schützend seine Hand über dich hält.

Ich sah ihn so weise und stets verbunden
mit der größeren Welt, doch weißt du,
deine wahre Gestalt hat etwas,
das dein Engel nicht hat -

Es ist die Blüte unbeschreiblicher Freude,
die aus dem Herzen der Freiheit blüht,
und alle Engel staunen dich an,
die großen und kleinen -

Ich habe deine wahre Gestalt gesehen
und ich sah deinen Engel,
der schützend seine Hand über dich hält.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2019

 

 

MEINE LIEBE

Als die Tränen deiner unerfüllten Liebe ins Wasser des Lebens fielen, da trauerte das ganze Meer der Schöpfung mit dir, meine Liebe, und auch die unzähligen Sterne waren sehr um Dich bekümmert.

Da überlegten sie, wie sie dich wohl erfreuen könnten und sie begossen die aufkeimende Pflanze auf dem Grunde deiner Seele mit dem Tau der Sehnsucht aus all deinen geweinten Tränen.

Und als die Rose deines Herzens im ewigen Garten der Götter erblühte, meine Liebe, da lächelten die unzähligen Sterne, und das ganze Meer der Schöpfung trug dir Wellen an die Strände deines Lebens, Wellen der Freude, meine Liebe.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2019

 

 

 

ALL DEINER WORTE ERKLINGEN

Wie gleichet dein Auge den Sternen
im Himmelsgewölbe von Licht,
wie gleicht deine Stirne den Fernen,
gewölbt über deinem Gesicht!

Wie gleichet dein Atem dem Strömen
des Odems durch all der Welt Rund,
und wie spielt des Wortes Ertönen
dir zärtlich um Lippen und Mund!

Und siehst du einst in allen Dingen
der Sterne lebendigen Schein,
wird all deiner Worte Erklingen
ein Lied aller Heiligung sein!
 

© Johann Wolfgang Busch, 2019

 

 

 

GESTERN ABEND NOCH

Gestern Abend noch
dacht' ich lang an dich;
durch die Winterzeit
grüßt' der Frühling mich.

Aus der Wolkenschar,
Winters Weh und Not,
hob ein Flügelpaar
sich aus zartem Rot.

Und je tiefer war
manches Opfers Leid,
um so höher hob
sich das Flügelpaar.

Hier im Abendschein
schrieb ein Himmelslicht
mir sein Sterngedicht
in mein Herz hinein.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2019

 

 

 

O GELIEBTE

Einst sah ich deine reine Gestalt nahen auf den Wellen der Nacht, o Geliebte, als ich vom Ufer der Sehnsucht auf die Meere der Hoffnung blickte, und ein lächelnder Stern erhellte den ersten Morgen des jungen Jahres.

Gingen wir nicht auf den Wegen der Freude an die Ufer noch ungeborener Zeiten, fern träumend den nahen Herbst, lauschend nur dem Gesang des Frühlings, als die Tage laufen lernten, und lachen, und lieben - wie Kinder?

Blühten wir nicht auch dann noch wie seltene unvergängliche Rosen, als die Dämmerung schon in den Baumkronen des Lebens saß mit ihren schwarzen Flügeln und dem prüfenden Blick ihren dunklen unergründlichen Augen?

Trauervogel sang die Nächte in tieferem Schwarz, und das Geheul seltsamer Tiere gellte durch die Nebel der Einsamkeit, als ich dich nicht mehr sah, o Geliebte, und der Wind die letzten Blätter der vergessenen Jugend mit sich nahm.

Da erhellte ein lächelnder Stern den ersten Morgen des jungen Jahres, als die sich öffnenden Türen der Nacht mir deine engelhafte Gestalt zeigten, die lebendige, o Geliebte, die Gestalt deines wahren Wesens - hinter allem Dunkel.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2019

 

 


2018

 

LIEBE

Liebe ist wie ein stilles Erinnern an einen Stern in der Winternacht, wenn unbemerkt von den festlichen Zimmern, das Licht im Herzen der Welt erwacht.

Liebe ist wie ein Worte finden, die im Gedicht des Geliebten glüh'n, wo all die Sterne so still verkünden, dass durch die Nächte zwei Rosen blüh'n.

Liebe ist wie ein Kind zu werden, das dem Geliebten die Hände reicht, bis alles Dunkel im Menschenwerden, den lichten Sternen des Himmels gleicht.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2018

 

 

 

DEIN GESICHT WIRD MIR ZUR SONNE

Ich will lichtvoll an dich denken
wo mich Finsternis umgibt,
und die dunklen Wolken lenken
aus dem Herzen, das dich liebt.

Jedes dunkle Angesinnen
in Gedanken wird Gericht,
doch die Wolken ziehn von hinnen
wenn die Sonne sie durchbricht.

Ach, wie dunkel die Geschicke,
die der Mensch schaffend durchstreift,
und wie finster seine Blicke
bis er für die Liebe reift.

Dein Gesicht wird mir zur Sonne,
die sich in mein Dunkel gießt,
und aus herzenstiefer Wonne
dich aus meinen Augen grüßt.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2018

 

 

 

NIE MEHR VERGESS' ICH DEIN ANGESICHT

Nie mehr vergess' ich dein Angesicht,
strahlend vor Freude im Morgenlicht,
das in der Zeit nur kurz aufgeblitzt -
als du die Kleinen so gut beschützt'.

Kinder geführt durch die dunkle Zeit
von dir, Prinzessin, im Sonnenkleid;
als mich dein Lächeln so tief berührt' -
habe ich Gott in der Zeit gespürt.

Links und rechts an deiner lieben Hand,
da ich dich mit den zwei Kindern fand,
hat deine Freude die Welt durchströmt -
wusstest du, dass dich die Liebe krönt?
 

© Johann Wolfgang Busch, 2018

 

 

 

HEILGEBET

Lass mich jene lichte Stille finden,
jenes Tor, das mich ins Leben führt -
Sternenpfade, die von Heilung künden
will ich wandeln, tief vom Licht berührt.

Wo das Weltall lebt und Sterne reden,
weil in ihnen Gottes Atem weilt -
fühl ich mich beschützt auf allen Wegen
durch das Wort, das meine Seele heilt.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2018

 

 

 

MAIMÄDCHEN

Die Erde blüht, die Erde blüht
und bei dem Fluss am Grunde
sah eine Blüte ich entstehn -
ein Wort aus deinem Munde.

Es blühte auf in Lust und Weh
und ließ die Blätter sinken,
die wollten mir wie zarter Schnee
so tief ins Herze sinken.

"Ich liebe dich, ich liebe dich!"
erklang es da am Grunde,
und eine Blüte formte sich -
ein Wort aus meinem Munde:

"Wie schön, dass du gekommen bist,
Maimädchen, liebe Kleine,
ich hätte dich sonst sehr vermisst
und nun bin ich der Deine!"
 

© Johann Wolfgang Busch, 2018

 

 


2017

 

UND IMMER WENN ICH, LIEBSTE, AN DICH DENKE

Und immer wenn ich, Liebste, an dich denke,
seh ich ein Hochland wie in sanftem Grün,
und Götter, die bis in der Täler Senke
den Bächen lauschen, die vorüber ziehn.

Auf diesen Hügeln ist die Luft gewoben
aus Licht, das alle Wesen nährt und eint,
und ist so warm und sonnenhaft durchzogen
vom Wort, das durch die Menschenherzen scheint.

Ich seh es in die Lande niederströmen
zu Menschen, wandelnd ihren Erdenpfad,
die mit dem Himmelswort die Welt durchtönen
im Einklang mit der Götter weisem Rat.

Sie schützen andere vor dem Verirren
durch Licht, das in die Finsternisse scheint,
und helfen, Taten alter Zeit entwirren
im Tun, das Menschen mit den Göttern eint.

So lass mich, Liebste, deiner hier gedenken
auf Erden, als von Göttern mir gesandt,
ich will dir kleine lichte Blüten schenken
von jenen Hügeln aus dem Sonnenland.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2017

 

 

 

IMMER UND IMMER

Ich brauche nicht viel, weißt du,
ich muss nicht der größte Strahl
aus deinem lebendigen Herzen sein,
der Kleinste wäre genug, ein Fünklein -
Hauptsache ich lebte in dir,
immer und immer in deinem großen
liebenden und heilenden Herzen.

Aber du sollst auch durch mich leben,
durch dieses irrende suchende Ich,
wenn es seinen tiefsten Wunsch entdeckt,
dir Ausdruck zu geben unter den Menschen,
durch dies kleine atmende Fünklein,
immer und immer aus deinem großen
liebenden und heilenden Herzen.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2017

 

 

 

O KÖNNT' ICH DIR SINGEN EIN LIED WIE DER WIND

O könnt' ich dir singen ein Lied wie der Wind
und wie all die rauschenden Meere,
und wo wir auch wären und wo wir auch sind
dir sagen wie sehr ich dich ehre!

Könnt' ich wie der wärmende Sonnenstrahl sein
nach winterlich einsamen Stunden,
ich hüllte ins Kleid dich des Morgenrots ein
und ließe dich an mir gesunden!

Und könnt' ich wie himmlische Lichter von fern
zur Nacht deine Träume behüten,
ich summte ein Lied dir vom gütigen Stern
und morgens von duftenden Blüten!
  

© Johann Wolfgang Busch, 2017

 

 

 

EINMAL WIRST DU FINDEN

Einmal wirst du finden
dass die Sterne immer bei dir waren
wenn auch die Rosen verblühten
und die Dornen des Lebens
dein Herz durchbohrten

Einmal wirst du finden
dass du in Wahrheit liebtest
die du glaubtest zu hassen
und dass du suchtest
die du verlassen hast

Einmal wirst du finden
dass nichts verloren war
was du so lange vermisstest
und dass deine Tränen
das Pfand zukünftiger Freude waren

Einmal wirst du finden
dass die Sterne immer bei dir waren
 

© Johann Wolfgang Busch, 2017

 

 

 

ICH HÖRTE EINES KINDES REINES SINGEN

Ich hörte eines Kindes reines Singen
durchtönen die Gewölbe dieser Welt,
durch Felsengänge zärtlich widerklingen,
als ob ein naher Stern die Nacht erhellt.

Als ob in dieser frohen kleinen Stimme,
wie aus des Weltenherzens tiefster Ruh',
ein Chor von tausend Engeln innig singe:
"Heilig bist du - heilig, heilig bist du!"

O, du mein reines göttlich liebes Kindlein,
ein solches Lied hörte ich wohl noch nie!
Darf ich ab jetzt und immerdar dein Freund sein,
und lauschen deiner Himmelsmelodie?

Und schweigend, tiefer, stiller will ich lauschen,
die Seele singt und ich hör immerzu
die starken Flügel deiner Unschuld rauschen:
"Heilig bist du - heilig, heilig bist du!"
 

© Johann Wolfgang Busch, 2017

 

 

 

ICH WÜRDE GERN FÜR DICH DIE STERNE ZÄHLEN

Ich würde gern für dich die Sterne zählen,
nach denen deine Seele innig lauscht
in jeder Nacht, da wir uns neu vermählen,
wenn uns im Blut das Meer der Engel rauscht.

Auch wollte ich für dich die Rhythmen schauen,
aus lichtem Klang und aus klingendem Licht,
aus dem die Meister Harmonien bauen,
von denen hier das kleinste Blümlein spricht.

Doch wie ein Kind steh ich in tiefem Staunen
und alle Welt scheint mir in dir vereint -
Seh' ich dich, hör ich auch den Dichter raunen,
der dich als Vers des Weltgedichtes reimt.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2017

 

 

 

KLINGT MEINE LINDE, SINGT MEINE NACHTIGALL?


(Frei nach Astrid Lindgren)

Klingt meine Linde schon?
Singt meine Nachtigall?
Steigt schon ihr Jubelton
singend ins Weltenall?

Hör ich des Menschen Not
klingend durch meinen Traum?
Seh ich im Morgenrot
blühend den Lebensbaum?

Noch ist das Feld verschneit,
noch schweigt die Linde still,
weil ich noch nicht bereit
und mich nicht opfern will.

In der Nacht tiefster Ruh,
auf manchem Angesicht
sah ich den Tränen zu,
schimmernd im Mondenlicht.

Und wie der Sonnenstrom
die Nacht zum Tage macht,
bin ich am Glockenton
der Erde Leid erwacht.

"Linde im Opferklang
zitternd im Lebenswind,
nimm meine Seele an,
dass uns dein Baum erklingt!"

Hört ihr der Nachtigall
heiteres Frühlingslied?
Seht ihr das Lächeln all
wo man das Wunder sieht?

Heute im Abendwind
geh ich zur Linde hin,
weil dann die Linde singt:
"Ich bins, Malin!"
 

© Johann Wolfgang Busch, 2017

 

 

 

ICH SUCHTE DICH ZUR TIEFEN NACHT

Ich suchte dich zur tiefen Nacht
im weiten dunklen Blauen,
da wo der ferne Stern erwacht
auf lichten Himmelsauen.

Durch meine Tage ging ein Traum:
Du suchst in Erdennähe,
ob meiner Füße Spuren man
nicht schon am Ufer sähe.

Als ich dem Weg von Glück und Leid
folgte, um dich zu finden,
war es, dass mir am Rand der Zeit
von einer grünen Linden

aus Erdenglut ein Lied erklang
wie einer Seele flehen -
da hob mein Stern zu singen an
und sang vom Wiedersehen.

Im Morgenlicht, für kurze Zeit,
bar aller Erdennöte,
sah ich dich dort im lichten Kleid
der goldnen Abendröte.

Der Morgen hat den Abend dann
ganz still und zart geküsst,
und dass ich einmal irgendwann
wenn du erst bei mir bist,

so sagten sie, auch durch das Licht
von deinen Augen sähe,

und dass im Stern ich, der so fern,
auch fände Herzensnähe,

und in der Herzensnähe auch -
den fernen, lichten Stern.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2017

 

 


2016

 

KOMM WIR GEHEN WIE EINST ALS KINDER

Komm wir gehen wie einst als Kinder
wieder den Weg am stillen See -
wo im Wind die Akazien linder
duften, und tiefer wurzelt der weiße Klee.

Siehst du das Ufergras höher sprießen
wo das Blau tiefer zur Erde fällt?
Wo die Ströme der Zeit stiller fließen
und der Wind staunend die Luft anhält?

Da sind die zeitvergessenen Stellen
wo ich mich frage wann es geschieht -
wenn sich die Erde in stillen Wellen
als Himmel, und der Himmel als Erde sieht.

Komm wir spielen wie einst als Kinder:
Ich bin das Ufer am stillen See -
und du, Geliebte, der Erde linder
Duft von Akazien und weißem Klee.
  

© Johann Wolfgang Busch

 

 

 

BEGEGNUNGEN

Aus der Seele steigt ein Leben
wie ein Bild aus ferner Zeit,
in der Menschen sich vergeben
und zu helfen stets bereit.

Aus der Kälte, aus den Schmerzen
einer geistesfernen Nacht,
sind die Menschen tief im Herzen
erst zum Mitgefühl erwacht.

Und es steigen neue Sterne
an das blaue Himmelszelt -
jeder Stern ein Mensch, der gerne
einen andern trägt und hält.

Solches Tun im Weltgetriebe
sah die Erde vorher nie:
Eins im Geiste reiner Liebe
mit der Weltenalchemie.
  

© Johann Wolfgang Busch, 2016

 

 

 

AN DEINER LIEBE HAB' ICH DICH ERKANNT

Zur Dämmerung lief ich durch Bogengänge
entlang der Säulen weit gewölbtem Rund,
durch die Arkade strahlten Abendklänge
von einem letzten Strahl aus blauem Grund.

Ein jeder Bogen schien ein eignes Leben
durch eines Weltenlaufes Abendrot,
und glaubte ich, wir hätten uns gefunden,
dann trennte uns vom Glück ein jäher Tod.

Am letzten Bogen bin ich dir begegnet
vor einer weißen Sonne, wie gebannt,
Schwester, es hat heut Nacht Sterne geregnet,
an deiner Liebe hab ich dich erkannt!
  

© Johann Wolfgang Busch, 2016

 

 

 

UND SO TRAGEN WIR DIE LICHTER

Graue Nebel fallen wieder
sinkend mit dem alten Jahr;
Sterne blicken still hernieder
auf das, was noch Gestern war.
 
Und ein Lächeln aus den Lichtern
wie aus einem goldnen Quell,
spiegelt sich auf den Gesichtern
wie Gestirn zur Nacht so hell.
 
"Sieh, das Licht sinkt in die Erde,
alles schlummert und es wacht!"
Und mit mutiger Gebärde
steig ich mit ihm in die Nacht.
 
Doch wie muss ich hier erstaunen?
"In dem tiefen Saal ist Licht!"
Durch die Leuchter geht ein Raunen -
"Jede Kerze ist Gesicht!"
 
"Und, wem geh ich da entgegen -
dir, dem Feind auf meinem Weg?
Eine Sonne, welch ein Segen,
leuchtet uns am hohen Steg!"
 
Hier kann keine Feindschaft walten -
"Wie von innrer Glut erwarmt,
fühl ich mich von dir gehalten,
und du dich von mir umarmt!"
 
So dient mancher Kampf auf Erden
einem seligeren Plan -
"Dass wir selber Sterne werden,
leuchten uns die Sterne an!"
 
Und so tragen wir die Lichter
unsrer Sonnen an den Tag,
dass im Glühen der Gesichter
auch die Erde leuchten mag.
 
Graue Nebel lösen leise
sich im Morgengrauen auf,
und auf eine neue Weise
steigt ein neuer Tag herauf.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2016

 

 

 

ZWISCHEN DIR UND MIR

Ich sah in die Welt und weinte und lachte
und gedachte der Nacht, die sinnend
über den Tagen wacht -

War es das Meer, das im Blute rauschte?
Ich lauschte, ob nicht am Abend Gezeiten
die kleine Welt zu den Sternen weiten -

Oder ob nicht ein leiser Gang an der Mündung
des großen Stromes entlang von dem stillen Nahen
der Liebsten sang -

Zwischen den Abendschatten der Bäume
huschten die Träume der Kinder singend
am Ufer der Stille entlang -

Noch lag die Nacht wie ein Flügelrauschen
wie ein Lauschen dort und ein Flüstern hier
zwischen dir und mir -
 

© Johann Wolfgang Busch, 2016

 

 

 

SEERÖSLEIN

Am See saß ein weiß Vögelein
im roten Abendglimmer,
und sang ein Lied, so strahlend rein,
für einen Wasserschimmer.

Der sank beglückt zum tiefen Grund
wo Sonnenströme rauschen,
und Sterne still am Himmelsrund
den reinen Liedern lauschen.

Ein Lachen wie von Kinderspiel
ist in dem Lied erklungen,
als hätten es der Engel viel
ganz heimlich mitgesungen.

Da sang das Vöglein von der Not
wenn Herzen hassend glühen,
und von dem Dorn, so blutig rot,
an dem die Rosen blühen.

Der Himmel hatte still gelauscht
und spielte jetzt die Laute,
und sang, von diesem Lied berauscht,
sein Liebeslied der Braute.

Das Lied klang durch die Sommernacht -
die Braut, in Samt und Seide,
war auf dem Grund des Sees erwacht
im schönsten Rosenkleide.

Die Mondenfeen am Uferrand
spielten zum Tanz die Leier,
und Sterne waren Blumenkranz
zur goldnen Hochzeitsfeier.

Erwachend sah das Vögelein
im ersten Morgenglühen,
ein strahlend reines Seeröslein -
im Wasserschimmer blühen.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2016

 

 

 

WEIL ALLES AN UNS WAHRHEIT WERDEN WILL

Was wir erleben, Wahrheit oder Lüge,
sinkt in die Tiefe bis zum Seelengrund,
und steigt herauf, dass nicht ewig betrüge
der Mensch, und was entströmet seinem Mund.

Und lügst du, Freund, betrügst du nur dein Wesen
ob groß dein Schwindel, oder ob er klein;
dein Engel kann es in den Sternen lesen:
"Lügst du, wirst du von dir belogen sein."

Zur Nacht dann steigen Lügen wie Gespenster
aus uns hervor und werden nimmer still,
und klopfen unerlöst an unsre Fenster
weil alles an uns Wahrheit werden will.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2016

 

 

 

DAS LÄCHELN IN DEINEM GESICHT

Ich suchte ein Lächeln im Garten der Zeiten
wie staunte ich, als es mich fand -
da sah ich die Wünsche sich stille bereiten
zu sterben am steinernen Rand.

Sie sanken verblühend in endlose Tiefen
im Brunnen der zeitlosen Zeit,
und sprühende Funken, die eben noch schliefen
erwachten zum Leben bereit.

Sie strömten und stiegen aus flammenden Quellen
von purpur und goldenem Licht,
und wurden zum ewigen, schönen und hellen -
zum Lächeln in deinem Gesicht.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2016

 

 

VON FORM ZU FORM, Aquarell, 2016, © Johann Wolfgang Busch
VON FORM ZU FORM, Aquarell, 2016, © Johann Wolfgang Busch

 

VON FORM ZU FORM

Von Form zu Form bewegt er seine Schwingen
und Tiefe findet, was in Höhen lag -
und was in Tiefen rauscht wird höher klingen
wenn sich das Wunder offenbaren mag.

Dann blickst du hin zum hohen Urgefilde,
und siehst den Adler wie er fällt und steigt,
wenn sich dein Auge öffnet dem Gebilde -
das sich, lebendig, deiner Seele zeigt.

Wie Meeresgründe sich zu Bergen heben
im Abbild jenes Wunders, das da lebt,
so will der Berg zum Meeresgrunde streben
im Bilde, in dem Urbildhaftes webt.

"O, Vogel lass mich deine Schwingen spüren!
In ihrem Hauch entsteht und stirbt die Welt -
nur um den Geist des Menschen hin zu führen
zu dem, der alles Leben trägt - und hält.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2016

 

 

 

WALDESWEBEN
 
Lichtdurchströmte Waldesstille
und ein Atem lebt und strömt
wie ein stiller Wunderwille,
der die Wesen all durchtönt.

Hier am Ufer aller Zeiten:
Stein und Pflanze, Mensch und Tier -
still durchweht von Ewigkeiten
sind es dieser Reiche vier!

Wie auf einer Stufenleiter
reifen Wesen durch die Zeit,
und wie Augen stiller Geister
blickt es aus der Ewigkeit.

Wesen aus dem Unnambaren
kommen, blühen, kehren ein
von und zu dem Wunderbaren,
um mit ihm vereint zu sein.

Bilder und doch voller Leben,
Rätsel hier in Raum und Zeit!
O, welch farbenprächtig Weben
an dem Kleid der Ewigkeit!
 

© Johann Wolfgang Busch, 2016

 

 

 

WIE DIE SELIGEN BLICKE AUS KINDERTAGEN

Mir träumte ein Bogen umgebe das Wunder der ganzen Welt,
wie der frohe Reigen der Sterne zur Hochzeit im Himmelsglanz,
wie die Blumen in deinen Haaren, Geliebte, vom Wind gezählt,
wie die seligen Blicke aus Kindertagen, erblühend zum Frühlingskranz.

Wie der Himmel einst das Haus unsrer stillsten Träume bedacht,
wie das steinerne Tor zum Garten der Zeit zwischen Tag und Nacht,
Wo wir uns suchten und fanden hinter den Sträuchern versteckt,
wo wir weinten und lachten, als Kletten Haare und Kleid bedeckt'.

Als unsre Umarmung die Welt umfing wie den Garten die Sommerluft,
als unser Atem tiefer und stiller strömte wie wilder Rosenduft.
Als ich erwachte, sah ich dich fern durch den Garten der Träume gehn.
Weil wir uns lieben weiß ich, wir werden uns wieder sehn.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2016

 

 

 

SO WIE IN DER PFLANZE DAS LICHTE WEBT

So wie in der Pflanze das Lichte webt,
und wie es die Blüten ins Lichte hebt -
Wie in der Blüte das Leben waltet,
und Blatt und Blätter zum Kelch gestaltet!

So hat dich mein Herze in sich erspürt,
als du mich aus Dunkel ins Licht geführt -
So will ich nun immer nur bei dir sein,
Geliebter im wärmenden Lebensschein!

So hast du die Flammen zur Nacht entfacht,
da sind alle Tränen zum Licht erwacht -
Wie strömte das Lichte zur Wurzel hin,
wie hebt sich die Wurzel zum Lichte hin!

So leuchten die Nächte in Liebesglut,
da wurde das Lichte zum Lebensblut -
Da wollt', wie die Pflanze so keusch und rein,
ich Blüte am Baum deiner Liebe sein!
 

© Johann Wolfgang Busch, 2016

 

 

 

WER IN DIE AUGEN DER LIEBE GESEHEN

Wer in die Augen der Liebe gesehen,
erblickte das Wunder im lebenden Grund -
die Tänze der Engel am lächelnden Mund
und konnte die Stimmen der Märchen verstehen.

Wer in die Augen der Liebe gesehen,
der sah im Erglühen liebender Herzen
wie all die Sterne gleich Wunderkerzen
aus Kinderhand sprühend am Himmelszelt stehen.

Wer in die Augen der Liebe gesehen,
der sah den Geliebten im Menschengesicht -
und wie des Erlösers zärtliches Licht

vom Herzen des Menschen zum Menschen spricht.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2016

 

 

 

NUR WER DEN MENSCHEN LIEBT

Im Selbstvergessen seh ich dich
ein erstes Mal erstehen,
und alle Blüten öffnen sich
das Wunder zu verstehen.

Dein Lächeln wie das Sonnenlicht
in meinem Kelch zu spüren,
suche ich nur dein Angesicht
aus Nacht ins Licht zu führen.

Um deine Brauen weht der Wind
von immergrünen Bäumen,
Dein Kuss, so rein, von einem Kind,
weckt mich aus meinen Träumen.

Was war die Welt, was war der Tod
bevor ich dich entdeckte?
Ein kaltes Bild vom Lebensbrot
aus dem mich Liebe weckte

Aus deinen Augen strahlt der Stern
weit über alle Auen -
In Erdennähe, Himmelsfern
will ich nur dir vertrauen!

Dein Blut strömt klar wie süßer Wein
durch alle deine Reben,
und all dein Blut und all dein Fleisch
gabst du damit wir leben.

Nun seh ich erst und staune nur
wie Menschen dich geschunden,
dafür dass du in Liebe dich
der Erde hast verbunden.

O, welch Geheimnis, inniglich,
ich kann es kaum benennen -
Nur wer den Menschen liebt, kann dich
im Menschenherz erkennen!
 

© Johann Wolfgang Busch, 2016

 

 

 

VATER UNSER

O göttliches Wesen von dem wir stammen,
von allem Dasein ewiger Lebensgrund,

geheiligt werde dein Name im Handeln der Menschen,
in all ihren Worten, aus all deiner Kinder Mund.

Zum Lied deiner Schöpfung, zur strömenden Liebe führe
die barmherzige Hand - zum Lebensstrom werde

wie all den Geistern der Höhe bis hinab in deinen
unsagbaren Grund, so auch den Menschen der Erde.

O, wandle zu deinem Tempel uns den verletzlichen Leib,
und erlöse von Schuld uns, die stets verneint

im tiefen Verstehen all dieser Menschenwege,
bis aus der Brüder Wesen uns dein Wunder erscheint.

Zuflucht sei uns und Weg durch der Versuchungen Nebel,
Licht in des Geistes Dunkel, und Licht in der Seelen Not -

Erlöse vom Bösen uns in uns - und in der Welt,
hilf uns erheben, Vater - Leben schenken, statt Tod.

Dein alles ewige Leben, dein alles Werden der Zeit -
aus dir alles heilende Streben, in dir alle Ewigkeit.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2016

 

 

 

ALCHEMIE

Noch immer steh ich vor dem Zauberbilde
Gebannt und staunend wie ein kleines Kind,
Im Lebensbuch aus heilgem Urgefilde
Sah ich wie Mensch und Götter eines sind.

Wie Keime, Knospen, sah ich Menschen reifen
Am golddurchströmten adergleichen Baum,
Und ein Roman von seltnen Schicksalszeichen
Durchwob geheimnisvoll den lichten Traum.

Und Ahnenketten sah ich sich erstrecken,
Sich unerlöst in Abenteuer reihn,
Wege, auf denen Götter Menschen wecken
zu Erdentaten, die die Welt befrein.

Die Freiheit war an Götterfrucht gebunden,
An Nächstenliebe - alles Weltgeschick,
Der Sohn der Erde, den sie einst entbunden
Kehrte zu ihr als Menschensohn zurück.

Es war ein Wissen aus noch fernen Tagen,
Ein Zauberbild, zuvor sah ich es nie,
Und eine Antwort auf all meine Fragen -
Das Wunder einer Weltenalchemie!

Durch sie konnte der Mensch Kräfte entbinden
Und ward zum Meister einstmals dunkler Triebe,
Doch musste er zuvor den Bruder finden
in seinem Herz, der Quelle aller Liebe!
 

© Johann Wolfgang Busch, 2016

 

 

 

DAS WUNDER, GELIEBTE!

Das Wunder, das aus deinem Antlitz steigt
und welches doch, je mehr ich es erkenne,
Geliebte, dich nur umso mehr erfreut -
ich will versuchen, ob ich es benenne!

Wie wenn ein Stern sich einst in Trauer hüllte
wie in den Mantel zeitenloser Nacht -
bis Morgenrot die ganze Welt erfüllte,
bis aus dem Traum die ganze Welt erwacht!

Wie wenn der Stern, im Sonnenstrom erwarmet,
im Wolkenglühn sein eigen' Licht begrüßt,
und inniger nun Welt und Mensch umarmet -
und dankbar sich ins Morgengrauen gießt!

Der Morgenstern grüßt warm vom Firmament,
Geliebte, deiner Stirn, wie Sonnenbeben -
ein Mensch, der Sterne, die noch niemand kennt,
in Täler trägt, die Nacht ins Licht zu heben!

Wie Lächeln, das aus dunklen Tränen steigt -
ist's mir, den Menschen in dir zu entdecken,
ihn zu entdecken heißt ihn zu erwecken,
bis sich durch ihn dein echtes Wesen zeigt:

So seh ich ihn in deinem Angesicht,
wie Sonnenlicht in blauen Wintergluten,
so seh ich dich in seinem Geisteslicht,
wie Eiskristall in goldnen Sommerfluten -

Wie wenn erst Gott mir deinen Namen nennt,
weil sich der Mensch in Gott erst selbst erkennt:
So find' ich dich in seinen Werdezeiten,
so find' ich mich in deinen Ewigkeiten!
 

© Johann Wolfgang Busch, 2016

 

 


2015

 

LIEBESLIED

Die Nacht und der Mond und die Sterne,
sie schmücken dein silbernes Haar,
ein Lied klingt aus endloser Ferne
von Liebe, die einst einmal war.

Ich tanze mit dir eng umschlungen,
wenn ich auch nicht weiß wer du bist,
da hat - o wie zart es geklungen,
der Morgen die Nacht still geküsst -

Des Morgenrots wärmende Sonne
strahlt wider von deinem Gesicht,
als glühe der Himmel voll Wonne
sein seligstes Liebesgedicht!

So lass mich dich innig umarmen,
Geliebte, von Göttern geschickt,
mein kaltes Herz zu erwarmen
bis es das Geheimnis erblickt:

Im Menschen von Himmel und Erden,
o Liebste, in sonnigem Glanz,
versammeln in ewigem Werden
sich himmlische Kinder zum Tanz!

Sie tanzen im Spärenerklingen
wie einst es Unsterbliche sah'n,
dein Lächeln - wie ihr holdes Singen
von Sonnen auf goldener Bahn!
 

© Johann Wolfgang Busch, 2015

 

 

 

SCHICKSAL

Die Fäden, die des Menschen Schicksal lenken,
die trennt der Mensch auf Erden nur zum Schein -
Sind es doch Götter, die sich nieder senken,
uns Menschen Menschlichkeit erst zu verleihn.

So trennen und so finden sich die Wege,
die wir vereint und oftmals einsam gehn -
Zur Mitternacht auf monderhelltem Stege,
da sah ich ihn im tiefen Himmel stehn:

"Stern meines Schicksals, sonnenwarm gewoben,
in dir reift meine Frucht aus Erdenzeit -
Ich fühl mich meiner Einsamkeit enthoben,
führst du mich erst zu echter Menschlichkeit!"

"O Mensch, der du des Allerlebens Blüte",
flüstert' der Stern, so leis, ich hört' ihn kaum -
"Frucht allen Lebens ist des Menschen Güte,
Durch Leid und Tod blüht sie am Lebensbaum.

Durch Güte erst reichen wir uns die Hände,
und jede Tat bringt uns dem Bruder nah -
Dem Bruder, der zur ewgen Sonnenwende
in sich des Bruders Blüte blühen sah!"
 

© Johann Wolfgang Busch, 2015

 

 

 

VOM WIND BEWEGT

Vom Wind bewegt -
strömen Wolken so groß und weiß,
und unbewegt -
schaut dein Himmel mir still und leis

ins Aug, ins Herz, so unendlich blau
und wenn ich mehr -
mehr und stiller schau,
raunt Wiederkehr

aus Meer und Wind -
dass wir einst wieder zusammen sind,
zur Sonnenflut -
wenn Rosen erblühen aus Winterglut.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2015

 

 

 

WAS ERZÄHLTE DER REGEN DEN BÄUMEN?

Was erzählte der Regen den Bäumen,
was durchwehte ihr Sehnen und Träumen?<
Sind es des Morgenrots wärmende Schwingen,
die flüsternd vergessene Nächte durchklingen?

Spielten nicht Kinder unter den Bäumen,<
wie Berge und Meere und Blumen träumen?
Wie Engel fliegen auf Morgenrotschwingen,
wie Tage und Nächte und Sterne singen?

Tanzte nicht auf den Hügeln ein Lachen,<
von Sonnen, die kindliche Träume bewachen?
Stiegen nicht von den ewigen Brücken
die Götter, die blühende Herzen pflücken?

War es des Flusses Meeresgrundrauschen,
war es des Meeres Gebirgsquellenlauschen?
Was durchwehte ihr Sehnen und Träumen,
was erzählte der Regen den Bäumen?
 

© Johann Wolfgang Busch, 2015

 

 

 

PFINGSTEN

Nachts stieg ein Licht in dunkle Erdentiefen
bis in des Herzens heil'gen Innenraum -
Allda wo Kind und Mutter friedlich schliefen
bewachten frohe Sterne ihren Traum.

Im Morgenrot, ein Kelch von Lebenswonne,
entspross der Mutter ein so reines Kind,
ein Mund von Blüten, Augen wie die Sonne,
ein Wort, in dem wir einig Menschen sind.

Sein Opferblut rauscht' wie in Himmelswogen,
und füllt den Erdengral mit Sternenpracht -
Verwandelt ward ihr Leib - empor gehoben,
und durch den Tod zum Leben erst erwacht.

Den Erdenleib hat es ins All geschrieben
bis in das Herz, aus dem die Welt entstand,
und aus des Lichtes tausend Sternentrieben
umwob die Welt ein ewig' Blütenband.

Knospen wie Sterne, wie ein tausend Flammen
von Worten, die dem Worte sich geschenkt -
Und Menschen aller Welt finden zusammen,
wo Trost erblüht und Liebe heilsam lenkt.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2015

 

 

 

O MORGENSTERN, DU

O Blüte, du, Sonnenlodern auf den Traumpfaden des vergessenen Tages, niemals mehr wollte er dich missen, Abschied wäre ihm Sturz, wäre abgrundtiefes Abgrundstürzen, verlöre er deine Hand, Sommerabschied wäre es, und Wintervergessen - tonloser Schrei seines erfrorenen Herzens.
Weinte er nicht Tage und Nächte, Trauertage, tagtrauernde Tränentrauer,  weinte er nicht ungezählte Nachtsehnsüchte seiner ersten Liebe? Wüssten nicht seine Tränen nur, seine Rinnsaltränen, seine Meerstromsehnsuchtsschreie um den verborgenen Sinn, um die geraubten Blütenkränze einer ewig Liebe blickenden Nacht? Wie klang die verborgene Hymne, der Sinnhymnus, der Odensinn, den nur die am Leid still gewordene Seele, immer und immer dem Licht ihres heiligen Sterns folgend, schweigsam erwandert, eropfert, o, auf rauhkalten einsam flüsternden Wegen?

O Morgenstern, du! Sangest du nicht aus den Seen der Träume schon Lieder einer vergessenen Sprache, einer Lebenssprache, eines herzwarmen Jubelgesanges todloses Lebenswort? Wie nur gebarest du am Rand des erwachenden Weltengrundes das Morgenrotwunder aus dem Abendglimmen des hinsinkenden Tages? Und die Welt entbrannte, himmelloderndes Morgenrot umarmte und wärmte die Welt, und hielt sie mit den Armen der liebenden Mutter. O Sonne, blühende, du! Sonnenblühen im Anfang und Ende der Welt, wie kindlich rein stiegest du aus dem Herzen der himmelsehnenden Erde, der Erdensehnsucht ferner noch ungeborener Sterne! Wie wecktest du ihn aus dem Schlaf einer scheinbar erstorbenen Welt, eines weltersterbenden Freudetränen weinenden Kindes beim Anblick seiner Mutter - und das All jubelte, war Gesang, war Liebe!
 

© Johann Wolfgang Busch, 2015

 

 

 

DIE REIME

O, Reime zieht von meinen Dichterhänden
wie Musenschwärme durch das Weltensein!
Wollt ihr nicht Stern sein in Sternenlegenden,
nicht Wort der Hymne, Vers im Weltenreim?

Reime, die aus des Weltgeists Feder rinnen
wie Geisterschwarm, den nur ein Urwort eint!
Wollt ihr nicht Ton sein im Sphärenerklingen,
wo euer Vers sich mit der Liebe reimt?

So spüre ich erst euer nahes Leben,
den Hauch, der meinen Worten Tiefe schenkt,
spür' Musen, euch, in meinen Strophen weben,
wo euer Geist sich meinen Geiste schenkt.

Durch Reime meiner Feder offenbaren
wollt ihr euch, Geister, wie durch Zauberklang!
Zu unterscheiden Falsche von den Wahren,
schreib' ich und lausche, Musen, dem Gesang:

"Erst Liebe führt uns in der Dichtung Tiefen,
da wo das Wort am Urwort sich erwarmt,<
erwachte Geister, die als Musen schliefen,
vom Weltendichter liebevoll umarmt."
 

© Johann Wolfgang Busch, 2015

 

 

 

STERNTALER

Hörst du von nah und fern erklingen
die Welt im gleichnishaften Bild?
Hörst du das Lied in allen Dingen,
das aus dem Fels der Sehnsucht quillt?

Siehst du der Seele zartes Blühen,
hörst du des Blutes rauschend' Meer?
Siehst du die Götterboten ziehen
vom lichten Stern zur Erde her?

Von eines Gottes reinem Munde
erklingt vom Anbeginn der Zeit,
ein Lied aus tiefem Weltengrunde -
die Sinfonie der Ewigkeit!

In deinen Gliedern tanzen Geister,
ein Unbekannter singt das Lied,
der wie des Lebens stiller Meister
in deine junge Seele sieht.

Er hört die tiefen Brunnen raunen
und sieht den hellen Tag bei Nacht,
sieht, wie im Märchen, voller Staunen,
ein schönes treues Kind erwacht.

Allda wo eine inn're Sonne
sich schenkend, in sein Leben strömt,
und wo es voller Opferwonne
aus Sternenquellen widertönt -

Da blüht im ersten Morgentauen

die Himmelsfrucht am Erdenbaum,
und aus den Tropfen lichter Auen
durchklingt ein Sonnenlied den Traum:

"Wenn du dich schenkst, wie es gegeben
sich bis auf's Hemd in dunkler Zeit,
in Liebe ihm, dein ganzes Leben,
schenkt es dir seine Herrlichkeit.

Und wie aus Himmelstiefen kommen
des ew'gen Chores Kinder gern,
und in die leere Hand, der frommen,
schenken sich Sonne, Mond und Stern."
 

© Johann Wolfgang Busch, 2015

 

 

BLÜTENGOLD, Aquarell, 2015, © Johann Wolfgang Busch
BLÜTENGOLD, Aquarell, 2015, © Johann Wolfgang Busch

 

BLÜTENGOLD

Im stillen Verlöschen der Sinne
durchwehst du wie Gold meinen Traum,
und wenn ich wie Regen zerrinne,
erblüht mir dein innerer Baum.

Dort stehst du in edler Gebärde,
es glühet zur Erde dein Kleid
vom Stern, dass ich Blüte dir werde
am Saum deiner Ewigkeit!

Da reifen im seligen Regen
der Tränen, auf Sternen gepflanzt,
die Rosen zum ewigen Leben,
von deiner Korona umkranzt.

Den flammenden Staub kann ich sehen
der Blüten vom lebenden Baum,
er sinkt, um von Gold zu durchwehen
den leise verrinnenden Traum.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2015

 

 

 

OSTERFANTASIE

In blauen Seen spielten Sonnenflammen,
in Wolkenhöhen sang ein Sehnsuchtsblau,
goldene Blicke hielten sich umfangen
im Lächeln der erwachten Frühlingsau.

Die Erde trug ihr schönstes Brautgewände,
so rein wie erster Kindheit Mädchenkleid,
das ihr der Himmelsmutter treue Hände
so fein gesponnen am Webstuhl der Zeit.

Vom Walde stieg ein Morgentau zum Zeichen
auf, wie von Opferglut gewob'nem Licht,
als wollte er die Himmlischen erreichen,
als gäb' es nicht Verwandlung,  nicht Gericht.

Da ward der junge Tag getaucht in Grauen,
als wenn ein Fluch zwei Kinder, zaubergleich,
gebannt hätte vom Traum lichtgrüner Auen
hinweg, in seines Todes dunkles Reich.

Ihr Lied, das mit dem Wind so fröhlich tollte
verstummte, als die Nacht plötzlich erschien,
die Erde schwieg, als tiefer Donner grollte,
als hätten Riesen drohend aufgeschrien.

Da sank das Blut der Liebe in die Erde,
als der Vorhang der Nacht so jäh zerstob,
die Nacht sprach: "Stirb!", der Tag: "O, ewig werde!"
als sich die Welt in neuem Glanz erhob.

Und die Geliebten sahen alle Wege,
die ihrer Kindheit Schritt einst spielend fand,
der Dichter stand auf einem Blütenstege,
der Erdennot mit Himmelsglück verband.

Und schöner sang der Garten, den so gerne
Liebe aus einem Zauberbann befreit',
und leuchtender grüßten die gold'nen Sterne
am Himmel einer neuen Ewigkeit.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2015

 

 

 

IM SPIEGEL DER NACHT

Dämmrung breitet ihre Flügel
aus und hüllt in Schweigen ein,
als die Seele vor dem Spiegel
der Nacht musst allein du sein.

Und der Blick dringt weit ins Dunkel
vor, das Ohr lauscht einem Klang,
den es täglich im Gemunkel
dieser Welt schwer hören kann.

Häuser ziehn an dir vorüber
Straßen, nie zuvor gesehn,
deine Schritte hallen wider
träumend musst du vor ihm stehn:

"Hüter bin ich dieser Schwelle
Nacht, die zu den Sternen führt,
mich sieht nur bewusst und helle
Seele, tief im Herz berührt.

Ich bin Prüfung deiner Liebe
zu den Menschen, zu der Welt,
und das Dunkel deiner Triebe
Leid, das dich gefangen hält!"

Da strömt wie aus dunklem Meere
kalter Blicke Bosheit ein,
und ein Schlachtruf schwarzer Heere:
"Finster muss die Seele sein!"

Sie ertrinkt in diesen Fluten
voll des Todes, wie ein Schwamm,
und erstarrt in Eisesgluten
da ihr Blut zu Angst gerann.

Welch Erstaunen, welch Erlösen,
im Herz ist ein Raum noch licht,
der sich nicht vollsog mit Bösem
der im Tode nicht zerbricht!

"Da! Ein Symbol allem Leben!"
Eine Zuflucht aus Kristall,
auf der Flucht vor jenem Bösen -
"Eine Schwelle, Tür und All!"

So zum Leben hingeleitet
einer Welt, da grüßt du gern,
grüßt, wie sich die Seele weitet
Erde, Sonne, Mond und Stern.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2015

 

 

 

DER FLÖTENSPIELER

Einstmals da träumte es mir,
Dass ich auf sanften Hügeln
Einen göttlichen Jüngling sah,
Der auf seiner Flöte das Lied
Des ewigen Lebens sang.

War ich die Flöte an seinen Lippen,
Die zitternd vor Freude sprang?
War ich der Jüngling selbst,
Dessen Lied der Liebe im Herzen
Des schlafenden Träumers klang?

Leise entschwand mir sein Bild,
Still lächelnd, vom nahen Baum,
Verklingend aus Geisterwachen,
Durchtönend Tage und Nächte,
Erwachend im Erdentraum.

Lauschend Worten und Liedern,
Auf Hügeln, vom Wind erzählt,
Summen des Frühlings auch, das leise
Im Herbst entflieht, nur suchend
Ach, im Herzen, des Liebsten Lied!

Einstmals da träumte es mir,
Dass ich auf sanften Hügeln
Einen göttlichen Jüngling sah,
Der auf seiner Flöte das Lied
Des ewigen Lebens sang.

War ich die Flöte an seinen Lippen,
Die zitternd vor Freude sprang?
War ich der Jüngling selbst,
Dessen Lied der Liebe im Herzen
Des schlafenden Träumers klang?
 

© Johann Wolfgang Busch, 2015

 

 

 

GEBURT

Wo aus dem Sterbenden sich
der Mensch zum Leben erhebt,
und in des Werdens Licht
der Geist zu den Sternen strebt,

Wo in den Menschen sich senkt,
der den Schein des Bildes verliert,
der Geist, dem die Seele sich schenkt,
der Liebe, die Welten gebiert,

Da erblühet der Welten Keim,
im menschlichen Urkristall,
da gebiert sich der Mensch im Sein
und im Mensch sich das Weltenall.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2015

 

 


2014

 

WEIHNACHT

Weihnacht
in herzenstiefem Schweigen -
gib acht,
es will sich stille zeigen

das Wort
aus Seelen-Sehnsuchtstiefen -
am Ort,
wo Weltengeister riefen

die Hirten
zu einsam stiller Wacht -
zur Lichtgeburt
in tiefer Winternacht.

Da flammt
am Altare des Lebens -
das Liebeslicht
des Weltenschuld-Vergebens

im Herzen
für dich, und mich und euer -
wird einst
zum Welten-Liebesfeuer.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2014

 

 

 

NOVEMBERNEBEL

Die Bäume stehen kahl,
Die Blätter liegen
Ohnmächtig da - ohn‘ Zahl
Und manche stieben

Ein letztes Mal
Vom Wind empor gehoben -
Im weiten Tal
Von Nebelgrau durchzogen

Sitzt Trauer still auf Zweigen
Und verstummt -
Ein Reigen, ganz von Nebel
eingemummt

Singt in den Knospen, stille,
Von Verblühen,
Von eines Wunders Wille
Zum Erglühen -

Dass Winternacht sich wärme
Durch Herzenslicht
Und Geisteswärme die Sterne
Ins Dunkel der Nächte flicht.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2014

 

 

 

ROSENLIEDCHEN

Es war wie ein sanftes Erglühen,
aus grünendem Herzensgrund,
als wollte ein Röslein erblühen,
ein Liedchen aus Kindermund -
als wollte ein Röslein erblühen,
ein Liedchen aus Kindermund:

"Es lieget die Welt so in Tränen,
vergib ihr ihr Schimpf und ihr Leid,
es glühet ein inniges Sehnen
von Hass und von Habgier befreit -
es glühet ein inniges Sehnen
von Hass und von Habgier befreit.

Und kannst du dem Feinde vergeben,
dem Himmel und Erde geweint,
wirst du dich im Kreise erheben
der Rosen, für immer vereint -
wirst du dich im Kreise erheben
der Rosen, für immer vereint.

Da blühst du im fröhlichen Grunde
in brüderlich inniger Schar,
ihr Lied klingt in aller Welt Munde,
zu retten dich aus der Gefahr -
ihr Lied klingt in aller Welt Munde,
zu retten dich aus der Gefahr.

Ihr Lied klingt durch aller Welt Lande,
zu rufen das ewige Kind,
zum Tanze im Rosengewande,
zum Fest wo die Liebenden sind -
zum Tanze im Rosengewande,
zum Fest wo die Liebenden sind.

Da tanzet der Prinz und die Braute,
im goldenen Hochzeitsgewand,
von fern klingt so lieblich die Laute:
'Die Liebe ist's, die uns verband' -
von fern klingt so lieblich die Laute:
'Die Liebe ist's, die uns verband'."
 

© Johann Wolfgang Busch, 2014

 

 

 

AUßENWELTEN

O, ihr bunten Flächen eines Zauberteichs, ihr Stille heuchelnden - lang schon traue ich euch nicht! Adventskalender ihr von namenlosen Wundern. 

Unvermutete Fenster seid ihr, Türen hinter bisher falsch gedeuteten Gesichtern - aufschäumende, überschäumende, klagende Schreie schäumende, schäumende  Klageschreie der verwünschten See! Rufe verlorener Wogen eines Lebensmeeres - eines Meerungeheuer wogenden Sagenmeeres, meergrundersehnende niederstürzende Riesenwogen, ihr!

Portale auch und Wundertore in die Schöpfung unsagbarer Schöpfungswunder! Folgte ich doch euren Flächen, euren Rätselflächen bis sie sich zu Räumen  dehnten, demaskierte Wahrheitsräume, die mit Wunderstimmen sprechen. O, uralte Fabeln raunend, flüsternd in des äußern Menschen stets gefälschte  Lebensgleichung - Gleichnisse flüsternd - Lösungen entbindend! Aus Ruinen ausgegrabene Mysterien von Morgen, um Erlösung flehende, Herzen weinende Erlösungstränen hinter grauen Werbeflächen einer totgeglaubten Welt! Hinter eurem Kummer hörte ich die Kinder lachen, und in euren Tränen sah ich glückselige Sterne schimmern...

Außenwelt, die du Geheimnisse kommender Wandlung unter deinem Märchenmantel birgst, deinem Goldsternmantel - ich habe dir in dein unendlich schönes Herz  gesehen!

Durchschaut auch ihn, den Dschinn der Grauenweile, der die Geburtsurkunde stahl und einen Meineid schwor: Du seiest nie geboren - der deine Sterne unter  den gefälschten Siegeln seiner Einfaltslosigkeit begrub…
Du aber hast mich angeblickt mit deinem Antlitz, das aus Meerestiefen steigt, und alle Welt ward Abbild deiner Schönheit, o Geliebte - Mutter der Welt!
 

© Johann Wolfgang Busch, 2014

 

 

 

DIE TREPPE

Da wo der Geist den dunkeln Raum betritt,
und sonnengleich im Seelenherzen scheint,
leuchtet die Treppe, die dich Schritt um Schritt,
gehst du auf ihr, mit Geisteswelten eint.

Den Stufen folgend aus dem Labyrinth,
die du einst selbst, als deines Lebens Meister,
dir schufest, dass sie Daseinsstufen sind,
erschaffst du dich im Weltenbau der Geister.

Sei wachsam an den dunklen grauen Türen,
die von der Treppe seitlich abwärts gehn,
denn Mächte gibt es, die dich zu verführen,
nicht nur zu prüfen, längst bereit schon stehn.

Sie nützen aus die Neigungen, die schwachen,
um dich zu fesseln an die Welt der Triebe -
willst du in aller Wirklichkeit erwachen,
folge nur deinem Herz im Geist der Liebe.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2014

 

 

 

EIGENTÜMLICHE GEGENWART

Wirst du bewusst dir, Innrer Mensch, 
ob deines Geistes Grund, dem du entstammst,
so blickst du hin auf deines äußern Menschen Leib,
gewahrend einer Fremdheit mysteriöse Gegenwart.

Als wenn bewohnt er wäre nicht von dir allein,
sondern von Weltenkräften, 
alt wie deines Wunderleibes Werden -
Lichtvoll und andre feindlich dir gesinnt,
gefangen haltend dich in Illusion und Traum.
Verhindernd stets nur dein Erwachen, 
dein Entscheiden - über den Aufstieg in die Freiheit
oder Fall in ein noch tieferes Vergessen.

Ein Schlachtfeld guter und auch böser Kräfte
im Geistesseelenleben und
bis in die unbekannten Tiefen auch
des zellulären Daseins deiner organischen Welt.

Dem kalten teilnahmslosen Blick
und auch dem überschwänglichen in dir
stellt sich aus deines Wesens Geistestiefen
ein Freundesblick entgegen, überwindergleich,
der Mitleid fühlt mit aller Kreatur,
und der dich führt auf unbekannten Wegen -
Der deiner harrt bis durch die Finsternisse,
wie Sonnenaufgang deine Liebe steigt,
und auch das Lächeln aus dem Herzen
deines wahren Wesens.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2014

 

 

 

SCHATTEN

Ihr Schatten auf den Bänken der Nacht, im erstorben Hain geht ihr auf und ab, schleicht Schatten nach ihr Schattenhaften - Gewitterwolken, die der Tag einstmals gekannt, Sturmwolken treibende, angstgetriebene Blicke im Zauberspiegel der Nacht, unerfüllter Schattenzauber - ich will dich erlösen, Schatteneinsamkeit!

Zeige mir dein verzweifeltes Gesicht, dein wutverheultes, leidenschaftliches, sehnsüchtiges Angesicht! Blicke mich an jetzt mit dem Schrecken deiner Augen, Schreckensanblick, klagender! Wie lange sehnte ich mich dir nun zu begegnen, dich zu ertragen, deines Anblicks schreiende Einsamkeiten, deinen einsamsten Schrei, o Mensch, zu hören - dich zu ertragen kam ich her, im leise wimmernden dunklen Hain, mit seinen tausend Flüchen, seiner flüsternden Hinterlist, seinem Mordgeflüster, seinem ungezählte Morde flüsternden Hinterhalt! Um zu erlösen kam ich dir -
Mit Überwinders Sonnenaugen will ich Licht dir noch aus deiner dunkelsten Dunkelheit entlocken, Verwahrloster, einsamstes aller Kinder unter Gottes ewig lächelnden Sternen -
Feuermeere will ich dir entzünden, Lichtlodern deiner tränenvollsten Nacht, Flammen, die dir alle Tränen trocknen, o, mein Kind! 
Goldmeerflammen, lachende, Verwandlung singende, umarmende, erlöste zu entfachen kam ich her - heute,  ins Herz der Nacht...
 

© Johann Wolfgang Busch, 2014

 

 

 

FEUERKRAFT

Feuerkraft aus Ewigkeiten
dringt ins Herz der Zeit,
formt und wandelt Erdenzeiten,
tilget allen Neid.

Liebeslicht im Seelenleben
schaffet Neu aus Alt,
strahlend darf sich nun erheben
Geistes Urgestalt.

Geisterkenntnis lichtgeleitet,
webt ein golden Kleid,
Phoenix aus der Asche steiget -
frei von allem Leid.

Welterkennend Menschenwerden
in der Brüder Reih'n,
glüht im Himmel und auf Erden
innig Brudersein.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2014

 

 

 

WELTENHERZ

Aus einer Mitte scheinbar tiefster Nacht
blüht eine Blume, die das Sein umschließt -
bist du, o Mensch, im Weltenherz erwacht,
das seine Form in alles Leben gießt?

Und das in seinen Blättern still erklinget,
indem es atmend seine Urform webt
und sich bis in die Außenblätter schlinget,
als Weltgestalt sich überall erhebt?

Sie ist des Lebens wundersame Mitte
und allen Daseins einzig fester Grund,
dass nicht das Kleinste aller Wesen litte,
tut sie im Kleinsten auch das Größte kund.

Denn Blüte ist sie auch im Blatt der Blume,
sie blüht durch alle Zeit so ewig frei,
im Außen blüht sie innrer Form zum Ruhme,
dass hier und dort sie ewig Mitte sei.

Du könntest sie in allen Welten finden,
fühltest du nicht Vergessens tiefen Schmerz,
nie barg sie sich, Liebe wird überwinden -
erblühn in Menschenbruders Rosenherz.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2014

 

 

 

DER WELTBAUMEISTER

Nur wenn der Mensch sich selbst vergisst,
öffnen die Augen sich der Welt
und er sieht was da wirklich ist,
und wer das Leben trägt und hält.

Und wer die Welten all durchmisst,
mit seines Atems stiller Kraft,
auf dem du gehst, in dem du bist,
der dich, o Mensch, zum Bild sich schafft.

Er ist der Welt Beginn und Ende,
er ist der König froher Geister,
er reicht dir, Mensch, die sel'gen Hände,
er ist der ew'ge Weltbaumeister!

Ihm widme ich nun dieses Lied,
nach seines Atems Vers und Maß,
weil er mir nur und sonst nichts blieb,
als ich mich selber einst vergaß.

O Mensch, in ihm nur wirst du frei,
wenn er im Andern voller Wonne
dir zeigt, dass er dein Bruder sei
n Christi morgenroter Sonne.

Und tausendfaches Farbenspiel
entströmt der Erde, still besonnt,
die einst so tief in Trauer fiel,
erkennt den Geist am Horizont.

Und Wolkenrot wird Rosengold
im Erdenherzen, still bewacht -
ein neuer Mensch erhebt sich hold
und spricht wie er: "Es ist vollbracht!"
 

© Johann Wolfgang Busch, 2014

 

 

 

WERDELICHT

Jenes Bewusstseins Licht, 
das dem Vergehen in der Zeit 
du abgerungen, 
es blickt auf deine Taten 
in der Welten Außenraum, 
gewahrend Kräfte, 
die im Menschenleben
die Zertstörung wirken, 
erkennend jener Wesen 
heilsam Schaffen auch, 
die Niedergang dem Werden 
alles Wesenhaften 
sinnvoll einen.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2014

 

 

 

IM GARTEN DER ZEIT

Im Garten der Zeit sah ich dein Gesicht,
wo Wege sich winden zum Lebensbaum
und deine Schritte vom Tal ins Licht
der Berge führen im Lebenstraum -
reich' ich dir die Hand.

Wo in dem Schatten der Weltenzeit
sich Wege begegnen im Lebenswald,
und Spuren führen durch Jung und Alt,
zur stillen Lichtung der Ewigkeit -
reich' ich dir die Hand.

Im Garten der Zeit sah ich dein Gesicht,
wo der Himmel die Erde so sanft berührt,
wo am Toten ersteht unser Lebenslicht,
und Liebe vom Irrtum zur Wahrheit führt -
reich' ich dir die Hand.

Wenn ich dich einst finde im Weltenlicht,
wo Geist, sich erkennend, im Leben webt,
ersteht mir von neuem dein Angesicht,
wo neu, immer neu die Gestalt sich hebt -
reich' ich dir die Hand.

Im Garten der Zeit seh ich dein Gesicht,
wo Menschen vom Abbild der Welt befreit,
die Erde erheben zum Sternenlicht,
und Zeit selbst sich wandelt zur Ewigkeit -
reich' ich dir die Hand.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2014

 

 

 

DIE DREI ROSEN

O Rose in der Sonne,
so rein und weiß wie Schnee,
zitterst so voller Wonne
am Berg, am tiefen See.

O Rose tief im Herzen,
so warm und rot von Blut,
m Tal der tiefen Schmerzen,
wärmt dich des Opfers Glut.

O Rose allen Lebens,
durchstrahlst golden die Zeit, 
dein Tod war nicht vergebens,
blühst nun in Ewigkeit!
 

© Johann Wolfgang Busch, 2014

 

 

 

SO WILL ICH DENN AUF DEINEN WEGEN GEHEN

So will ich denn auf deinen Wegen gehen,
damit ich fühle, so wie du gefühlt,
und all dein Lächeln, deine Tränen sehen,
und auch die Liebe, die in dir erglüht.

Denn nicht zu tief ist dein verborgnes Weinen,
und nicht zu hoch mir deiner Sehnsucht Ziel:
Die Sehnsucht Erd' und Himmel zu vereinen,
die Sehnsucht dessen, der vom Himmel fiel.

Und möge ich die tiefe Quelle finden,
aus der die Trauer tränenvoll erströmt,
und auch dein Feuer, das mit fernen Winden,
die Welt durchzieht und mir im Herz ertönt.

So werden sich wohl Menschen erst verstehen,
wenn sie in sich des andern Leid geschaut,
wenn sie in seinem Lächeln still vergehen,
wenn einst das Herz dem andern Herz vertraut.

Dann will ich dich umarmen und erheben,
als Flamme, lodernd, deiner Liebe glühn,
wenn wir, befreit, zu hohen Sternen streben,
wenn wir im tiefen Weltenherz erblühn!
 

© Johann Wolfgang Busch, 2014

 

 

 

ES WERDE LICHT

Es werde Licht 
Im Herzen dieser Erde!
Im Tod sich bricht 
Der Strahl des stirb und werde.

Und wird zum Meer -
Spiel ungezählter Farben
Und zu dem Heer 

Der ewig goldnen Garben.

Es blüht im Rot, 
Im Wellenspiel von Licht,
Durch Nacht und Tod, 
Dein todloses Gesicht!

Erhebe dich, 
Entschlafener der Zeit!
Erkennst du mich, 
So bist auch du befreit!

 
Lass es uns wagen, 
Licht in die Nacht zu bringen,
Die Erde heimzutragen, 
Dorthin wo Sterne singen -

Es werde Licht!
 

© Johann Wolfgang Busch, 2014

 

 

 

BEFREIUNG

Dunkel und labyrinthisch sind der Welt traurige Felsengänge,
in denen Menscheit wie in Weltenberges Riesenbauch,
in Hallen, Gängen, klagenden Gewölben,
den Atem spürt und hallend jenes Fürsten Schritte hört, 
der sie gefangen hält seit urdenklicher Zeit.

Allgegenwärtig scheint sein Schnauben - angsterfüllt
harren in dunklen Ecken, aussichtslos versteckt,
Menschen wie Schafe zitternd vor des Schlächters Klinge.
Doch führen Wege lichtbegleitet von den Schritten Freier
hoch zu dem höchsten Punkt des düsteren Gewölbes.

Und durch die Öffnung strömt wie von des Brunnens Rand,
ein Licht herab, das Hoffnung gibt auf baldige Errettung,
auf die Erlösung durch des Sonnengottes Sternenmacht,
der als Erlöser und als Licht des Himmels niedersteigt - und
ohne den der Mensch Spielball des Dunklen bliebe ewiglich.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2014

 

 

 

DIE CHRISTROSE

Die Rosen an den Hecken
lachten mir einstmals zu,
wie junge Mädchen necken,
manche dacht‘ ich seist du.

Erblühen und Vergehen
im Früh- und Abendrot,
so sah ich sie verwehen
in Abendwind und Tod.

Doch einst in tiefem Traume,
es war zur Winterzeit,
stand ich an einem Baume
im Reich der Ewigkeit

Ich sah in nächt‘ger Sonne
still eine Rose blühn,
staunend und voller Wonne
im gold‘nen Kleid erglühn.

Nie sah ich eine Blume
zuvor in solchem Glanz,
"Sei mir die Allerliebste
und ich gehör' dir ganz!

Ich bin in tiefem Schmerze
o Rose mein, o Christ,
dem Weg gefolgt ins Herze
wo du, Christrose, bist!"

„Ich bin nicht nur die Deine“
antwortet‘ sie mir still,
weil ich niemals alleine
in dir nur blühen will!

Umarm' den Bruder glühend,
den auf dem Weg du triffst,
so wirst auch du, erblühend,
erkennen, wer du bist!"
 

© Johann Wolfgang Busch, 2014

 

 

 

MORGENGEDANKE

Und wenn auch grau der Erde äußres Kleid,
lass' dich nicht schrecken liebes Himmelskind!
Durch inn'res Licht berührt, jenseits der Zeit,
im Weltenherz, wo wir zusammen sind,
da reichen sich die Liebenden die Hand,
erweckend klingt ihr Lied durch's weite Land.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2014

 

 

 

ZWEI TAUBEN

Erst als dein Herz sich endlich erhob
auf den Schwingen der Freiheit, Geliebte,
stieg aus der Nacht mir die Sonne der Liebe
strahlend auf deinem Antlitz empor.
Erst als ich selbst mich endlich erhob
der Taube gleich im Strome des Lichts,
wurde mein Schauen zum Anblick der Freude,
und Schritte, Geliebte - Begegnung des Glücks.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2014

 

 

2013

 STERNENMÄDCHEN

Was schimmerte zierlich im Brunnen der Zeit
und stieg aus unendlicher Tiefe?
Und lächelt' und flüstert' von Ewigkeit
als wenn es durch Träume mich riefe?

Wo Ewigkeit wirbt um das Herz in der Zeit,
da sah ich dein liebes Gesicht,
Sekunden vom Weltenuhrlaufe befreit,
sah ich in ein zeitloses Licht.

Das formte so zart und so zauberhaft sich
zum Bild, das in mir nie vergeht,
Geliebte, dein Lächeln, dein ewiges Ich,
das stets in der Zeit neu entsteht:

Dort sah ich dich baden als Mädchen, so schön,
so einsam im Weltmeer, allein -
doch konnt' ich dich erst von der Seite nur sehn,
du summtest ein Liedchen so fein.

"Wer bist du?", so fragte dein Blick mich alsbald,
ich spürte unendliche Wonne,
"Ein Sternenkind, Lichtstrahl in Menschengestalt,
o Mädchen, so schön wie die Sonne!

So lass' uns zur Erde das Sternenlicht bringen,
wo Menschen sich sehnen und fragen,
da will im Gedicht ich das Sternenlied singen
für die, die den Stern in sich tragen!"
 

© Johann Wolfgang Busch, 2013

 

 

 

IM UMKEHRPUNKT

Im Umkehrpunkt, im Moment tiefsten Leids
erstand des Lebens echte, große Lieb',
als schon der Atem floh im Reich des Streits
erhob sich, licht, ein wundersamer Trieb:

Als dann die Seele schrie zum Herrn des Lebens
und um Vergebung fleht' für Irrtums Leid,
entflammt‘ das Feuer innigen Vergebens,
das, läuternd uns, von Streit und Tod befreit‘.

Und jener Wunde, tief, im offnen Herzen,
entquoll ein Strom so warm, so rot von Blut,
der strömte in ein Tränenmeer von Schmerzen
und eint' am Grund sich heil'gen Opfers Glut.

Und unsre Seele ward emporgehoben
von des Erlösers liebevollem Arm -
wenn unten auch noch viele Stürme toben,
war'n wir befreit in ihm - von allem Harm.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2013

 

 

 

DER BILDHAUER

In Augenblicken, die aus Sternen flammen
und leuchtend greifen nach der Form der Zeit,
erwacht ein Wesen, das mit ihm zusammen
ein Werkstück schafft, von allem Tod befreit.

Dann ahnt er, dass er oft auf's Neu' vergehen
muss, unter eines Meisters hellem Schlag,
der meißelt ganz aus Licht, dass neu entstehen
kann, was der Mensch der Zeit noch nicht vermag.

Der blickt erstaunt auf seine eignen Hände,
was ihm von jeher seltsam fremd erschien,
und eng erschienen auch des Körpers Wände,
der nur so kurz, so kurz ward ausgeliehn.

"Bin ich ein Werkstück, o, du lichter Meister,
weckst du mich aus des Traumes tiefem Bann?
Formst du den Leib durch hohe Weltengeister
um, dass er einstmals Lichtleib sein kann?"

"Als Lichtstrahl einst gesandt in dunkle Zeiten
erwach' ich nun, ein Stern, der nie vergeht,
damit im Garten tiefer Ewigkeiten
des Menschen hohes Wesen neu entsteht!"

So wandelt er des Lebens tiefe Schmerzen,
lässt Tod und Tränen Auferstehung sein,
damit in seiner Menschenbrüder Herzen
einst Liebe sei und nie mehr dunkle Pein.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2013

 

 

 

AN DIE GELIEBTE

Im tiefen Wald bei Einhorn und bei Feen,
Da fand ich dich, Geliebte, tief im Schlaf,
Auf einer Lichtung, die die Götter lieben,
Und Lächeln, das aus Sonnenfernen stammt,
Spielte um deinen selg'en Mund, o Schöne!
So ließ ich mich ganz stille bei dir nieder,
Schweigend, lächelnd, schützend
Deinen Traum, erwartend nur dein seliges
Erwachen, den Goldblick deiner Augen,
Lieberfüllt, und deiner lichten Sternenseele
Wasserstimmen, Quellen eines Meeres
Ferner Welten ansteigender Ströme, nah,
So zart in unsern stillen Herzen, Liebe atmend...
 

© Johann Wolfgang Busch, 2013

 

 

 

DER TRAUM

Treppen, verwinkelt und geheime Türen,
Gigantisch groß, ehrfurchtgebietend alt,
Und eine Werkstatt in des Zwielichts Dämmer,
In des Vergessens altem, jungem Traum.
Und auch die Blicke eines unbekannten Meisters
Im leisen Dialog von Wirklichkeit und Schein,
Fielen so tief in eines Kindes Brunnenseele -
Verbergend sich dort vor dem Blick der Zeit.

Und raunten, flüsterten von Auferstehung
Zwischen den Träumen, wo die Zeit erstarb,
Gemäuer alt, Zeugen vergangner Tage,
Kellergewölbe, kalt, vergessen, starr,
Dachböden, knarrend, wie von leisen Schritten,
Stimmen der Freude einer anderen Zeit -

So harret auf Verwandlung alles Leben,
Steigt auf und schließt den riesenhaften Kreis:
Leben, verwinkelt, wie durch enge Gassen
Führt uns vorbei an Türmen, hin zum ersten Tor,
Wo alles Daseins Wunder, alles Menschenwerden
So lang, so lang schon, fiel in Traumes Bann.

Goldfunken, lachende, stieben ums Haus der Zeit,
Und über Nacht, die voller Tränen Leid
Ward es verwandelt, wie in alten Märchen -
Geliebtes Kind, o Kind der Ewigkeit!
 

© Johann Wolfgang Busch, 2013

 

 

WORT UND STILLE

Das Wort lebt in der Stille, die Stille lebt im Wort -
So ist's des Ew'gen Wille, egal an welchem Ort.
Du kannst das Wort nicht halten, es ist auf ewig frei,
Es will sich nur gestalten, damit es Stille sei.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2013

 

 

 

MENSCHENWEGE - GÖTTERPFADE

Im Eigenwillen kämpfen Urgewalten
Um Lebenssinn und Menscheits-Weg und Ziel,
Und Menschen wollen ihren Weg gestalten,
Wegweiser nicht erkennend, der so viel.

Und oft zerbrechen unsre Lebensbilder,
Nichtig erklärt auf weitem Schicksalsweg.
Im Innehalten sehn wir dann die Schilder -
Durch Tod und Leben leuchtet uns ein Steg:

Der Götter Weisheit führt uns Sternenpfade,
Auf denen in uns Wahrheit glüht und ruft,
Und Ursehnsucht im großen Weltgestade
Den Anschluss an die Weltenwahrheit sucht.

Fühl dich geliebt, Wandrer auf Himmelswegen,
Den schon in alter Zeit ein Gott geführt,
Strömt nicht schon aus der Zukunft in dein Leben
Dein ewig' Selbst, so zart, so still gespürt?
 

© Johann Wolfgang Busch, 2013

 

 

 

OHNE DICH

Ohne dich
erblühten auf Hügeln der Freude nur vergessene Blumen.
Ohne dich
strömte der Fluss des Lebens verstummt in das ewige Meer.
Ohne dich
sängen die Vögel der Liebe Lieder einer erkalteten Erde.
Ohne dich
wären die Farben des Sommers ein endloses Feld von Schnee.
Ohne dich
läge die ganze Welt wie in traumlosem Schlaf.
Ohne dich
hätten selbst Götter verlernt, was Freude ist.
Ohne dich
säße ich immer noch einsam im Garten stiller Erwartung.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2013

 

 

 

RÄTSEL

Manchmal, da frage ich leise
wohin mein Weg mich wohl führt,
und wenn ich lache und weine,
wer ist es, der dies alles spürt?

Und wenn ich dich innig liebe,
o Menschenkind in der Zeit,
wer liebt dich durch meine Gefühle,
durch Tode und Ewigkeit?

Ein Rätsel bin ich mir selber,
ein Rätsel auf sprachlosem Mund,
ein Bote aus uralten Zeiten,
ein Flüstern aus tiefstem Grund:

"Ich bin es, der durch dich lebte
im tiefenden Traume der Zeit,
und wirst du mich einmal erkennen,
dann bist auch du selber befreit!"
 

© Johann Wolfgang Busch, 2013

 

 

 

DER ANTICHRIST

Einmal, in einer Geschichte der Zeit,
als Menschen ihn vollends durchschauten,
den Widersacher der Wahrheit - ihn,
den Vater der Lüge von Anbeginn, 
da erhoben sich viele Stimmen,
es waren die Klagen der Menschheit:

"Du bist es, der uns für ewige Zeiten
bannen wollte ins Reich der Schatten,
du führtest uns in die tiefste Nacht!
Für dich mussten den Tod wir erleiden
im einsamen Tal der Verzweiflung, 
dort, wo der Bruder den Bruder erschlug.

Dort, in der zeitlosen Wüste des Lebens,
wo die Leidenstränen der Menschheit
anschwollen zum ungeheueren Strom,
dort, wo die Nächte der Sehnsucht
schwanger waren vom Tage ewigen Lichts,
dort sprachst du zu uns: Ihr seid mein!"

Der Dunkelheit Fürst, er schwieg stille,
erschaudernd sah er die Ufer der Zeit
und sehend wurde das finstere Auge:
"Mein Leiden war eure Sehnsucht -
eure Sehnsucht mein tiefster Schmerz,
so verdammt mich für alle Zeit!"

Da quoll dem Auge des finsteren Wesens
unglaublich - die letzte Träne der Welt -
sie schimmerte golden im Abendlicht
einer langsam verwehenden Zeit...

und Mitleid durchströmte die Menschen -
der Menschheit geläuterte Stimme erklang:

"Im Schmerz der irrenden Welt lernten wir lügen,
doch im Herzen der Lüge entdeckten wir Wahrheit.
Wir gingen mit dir der Schuld einsamste Wege,
doch im Herzen der Schuld lachte Vergebung.
Wir erfuhren durch dich den Tod in der Zeit,
doch im Herzen des Todes atmete ewiges Leben!

Es sei dir vergeben - für alle Zeit!"
Ein Wunder geschah am Abgrund des Lebens:
des dunklen Wesens nächtliche Schwingen,
sternleuchtend erhob sich der Engel,
die goldenen Flügel im Auftrieb der Wahrheit.

Die Stimme ewiger Wesen erklang in der Stille:
"Geöffnet sei nun der heilige Schrein,
enträtselt wurde der Liebe letztes Geheimnis,
ihr letztes Versteck im Erbarmen der Götter
entdeckt - die letzte Verkleidung: Vergebung,
völlig entschleiert - es lebe das todlose Leben!"
 

© Johann Wolfgang Busch, 2013

 

 

 

DAS NAHEN DES GELIEBTEN

Kein Weg zu weit und keine Zeit zu lange,
da ich nun weiß, dass mein Geliebter naht,
wie Nebelschleier ziehn die Ängste bange,
zerfließen leicht in Morgenrotes Strahl.

Der Wind verweht, wie Spinnweb, alle Stricke,
hör‘ ich errötend seine Schritte nahn,
die Zeit zerrinnt im Liebesglühn der Blicke,
noch schöner als es je Verliebte sahn:

Bezaubernder des Lebens lichte Ferne
und Welten, die kein Sterblicher gesehn,
in seinen Augen schimmern weite Sterne
in seinem Herzen will ich, ach, vergehn!“

Ich seh uns über weite Felder gehen,
wie Kinder spielend, lachend, Hand in Hand,
wir lernen alles Dasein neu verstehen,
durch unsrer Liebe ewig neues Band.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2013

 

 

 

DAS LABYRINTH

Ein Labyrinth ist der Mensch
und ein unergründlicher Weg
und eine Treppe mit tausend Stufen,
hinauf zum Altar des Lebens
und hinunter ins Herz aller Dinge -
ein Sucher und ein Gesuchter
des geheimen Gestalters
der Wahrheit.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2003-2013

 

 

 

AN DIE GELIEBTE

Noch immer wenn ich an dich denke,
wird all mein Denken mir zu einem Garten
und mein Herz zu einer Quelle,
die in der Mitte dieses Gartens
ewig strömt...

Wie viele solcher Gärten
haben wir durchwandert, o Geliebte,
im zarten Gleichklang
der verliebten Seelen?
wie viele Wege sind wir schon gegangen
Hand in Hand -
still lauschend jenem fernen, nahen Lied?

Das sang so lieblich
vom vergessenen Wort...
Und wurden diese Gärten
nicht ganz sommerhell
vom Lächeln unserer Liebe?
 

© Johann Wolfgang Busch, 2013

 

 


2012

 

"DIE QUELLE
Zur Klavierimprovisation von Christina Weidmann
"Seelenstimmung 25.10.2012"

Als die Verwirrung unserer Tage
auf der Erde einst ihr Höchstmaß fand,
und viele falsche Lehrer
unsere Ohren mit dem Klang der Lüge
und die Augen mit den Bildern
der Vergänglichkeit verstopften,
da lenkte ich verzweifelt 
meinen Blick nach oben
und hielt Ausschau...
Da sah ich leuchtende Gestalten ohne Zahl,
sie schienen aus dem Nichts herabgestiegen -
aus einer Zeit ohne Sekunden,
aus einem Raum ohne Entfernung -
und hatten auf der frohen Lichtung
einer überirdischen Herrlichkeit
die Zelte aufgeschlagen - es war
ein Lager ganz aus purem Licht...
Sie hatten sich bereitgemacht
die Ernte von Jahrtausenden zu holen
und Unterscheidungskraft zu bringen
allen Menschen - die für dieses Licht gereift -
So saßen sie ganz still in einem Kreis
von unaussprechlicher Verbundenheit,
und blickten auf die Quelle
einer goldenen Allgegenwart,
die in der Mitte dieser Gottesboten
ewig neues Licht verströmte -
und einen ungeheuren weißen Frieden...
 

© Johann Wolfgang Busch, 2012

YouTube: "Seelenstimmung 25.10.2012", von Christina Weidmann

 

 

 

WAS WIRD SEIN?
Zur Klavierimprovisation von Christina Weidmann
"Che sarà - Was wird sein?"

Im Gleichmaß mit dem Ticken vieler Uhren,
verrieselte das Leben in dem Stundenglas der Zeit,
wie in die Tiefe eines ewigen Vergessens -
und deine Sternenaugen fragten "Was wird sein?"

Vergeh'n sah man die Sehnsüchte der Menschen,
die Lust nur waren in dem Reich der Zeit,
wie Herbstblätter, die kraftlos die Umklamm'rung lösten -
und deine Sternenaugen fragten "Was wird sein?"

Die Farben waren heimgekehrt ins Reich des Lebens,
weiß war das Feld, verweht - vom Schnee der Zeit,
ganz einsam stand der Tod auf kahlem Felde -
und deine Sternenaugen fragten: "Was wird sein?"

Er sah das Blühen einer Rose, voller Staunen,
die blühte hier im Winter voller Pracht,
als dich der Tod gewahrte, sucht' er deine Blicke -
und deine Sternenaugen fragten: "Was wird sein?"

"Ich konnte dieser Rose keine Farbe
und keinen Duft und auch kein Leben rauben!",
so sprach der Tod und lächelte verlegen -
und deine Sternenaugen ahnten das Geheimnis!

"Sie sagte mir, dass sie schon lange warte,
auf eines Sternenmenschen Liebe und Erbarmen,
doch wenn er heut' nicht käme, wär' sie mein!" -
und deine Sternenaugen weinten viele Tränen.

"Bring sie ins Reich der Ewigkeit, mein Kind!",
so riet der Tod und weise klang sein Rat,
"auch deine Farben konnte ich nicht rauben!" -
und deine Sternenaugen sah'n der Liebe Leid.

"Wir wollen bleiben!", spracht ihr, "denn, o Tod",
wir warten hier in deinem Reich auf Freunde -
gleich uns sind sie nicht aus der Zeit geboren,
sind Sternenkinder voller Mut und Freude!"

Voller Erstaunen sah der Tod sie wandern,
durch die Verzeichnisse von Angst und Not und Leid,
um ihre Freunde zu erretten, waren sie gekommen,
und für die Rosen aus der Ewigkeit!
 

© Johann Wolfgang Busch, 2012

YouTube: "Che sarà - Was wird sein?", von Christina Weidmann

 

 

 

VERGEBUNG
Zur Klavierimprovisation von Christina Weidmann
"Dem Fluss des Loslassens entlanggehen"

Der Fluss erzählte mir
von Kämpfen um Macht und Ruhm,
von Intrigen und grausamem Tod,
von Hass, der das Herz verzehrt -
und er flüsterte "das warst du!"
und er sagte "vergib!"

Der Fluss erzählte mir
von Kerkern und Schmerz und Zorn,
von Kindern, die weinten in Not,
von Angst, die das Herz verzehrt -
und er flüsterte "das warst du!"
und er sagte "vergib!"

Der Fluss erzählte mir
von Liebenden, die vereint,
zerrinnendem Liebesglück,
von Streit, der das Herz verzehrt -
und er flüsterte "das warst du!"
und er sagte "vergib!"

Der Fluss erzählte mir
von Jugend und froher Kraft,
vom Alter und Tod des Glücks,
von Neid, der das Herz verzehrt -
und er flüsterte "das warst du!"
und er sagte "vergib!"

Der Fluss erzählte mir
von Einem der stets vergab,
der verschenkte sein ganzes Glück,
für die Liebe, die Herzen heilt -
und er flüsterte "das bist du!"
und er sagte "für alle Zeit!"
 

© Johann Wolfgang Busch, 2012

YouTube: "Dem Fluss des Loslassens entlanggehen", von Christina Weidmann

 

 

 

DIE STIMME DER STILLE
Zur Klavierimprovisation von Christina Weidmann
"Wachsen und Werden"

...da sah ich eine Kette von Geburten,
vom Abschied und von tausendfachem Tod -
sie zog sich durch die Zeiten vieler Kriege,
durch Tränenjahre Schwarzer Pest und Not.

Ich war die Mutter, die ihr Kind verlor,
ich war der Liebende, der um die Liebe warb,
ich war das Kind, das seine Eltern suchte,
ich war der Krieger, der in Schlachten starb.

So stand ich in der Wüste meines Lebens,
verweht wie Sand war alles, was einst war,
da lauschte ich in eine tiefe Ruhe -
bis sich aus Stille, Klang und Wort gebar:

"Ich bin die Stimme deiner ersten Liebe,
ich bin das Licht, das dich im Herz berührt -
ich bin der Trost in deinen tausend Tränen,
ich bin die Hand, die dich bisher geführt!"

Sie sprach von anderen Büchern der Geschichte
und tat mir auch vom Buch des Lebens kund,
sie sprach von jener Liebe des Erlösers,
und Stimmen stiegen auf aus tiefstem Grund:

"Wir sind Bewohner fremder Lebensreiche,
wir sind die Boten Gottes in der Zeit,
wir sind das Lachen einer neuen Freude,
wir sind die Kinder aus der Ewigkeit!"

Geboren ward der erste aller Menschen,
der letzte in dem Stammbaum seiner Zeit -
er ist der Sohn der unbekannten Liebe,
jenseits von Tod und Machtgier und von Streit.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2012

YouTube: "Wachsen und Werden", von Christina Weidmann

 

 

 

DER VERGESSENE BRUNNEN
Zur Klavierimprovisation von Christina Weidmann
"Rhapsodie auf Eee"

Es war einmal ein Brunnen
in dem Herz der Zeit,
der war aus Ewigkeit
auf seinem tiefsten Grund,
es waren Wesen,
waren Buchstaben des Lebens,
die dort schliefen,
die sich erwachend regten...

Wie von der Feder
des Poeten aufgeweckt,
so wurden sie zu lebenden Geschichten -
stiegen auf
zu einem Drama in der Zeit
und wurden Wörter,
Pflanzen, Tiere, Menschen
in dem Buch des Lebens...

Der Barde sang von Schlachten
und dem Ende aller Wege,
von Gut und Böse
und dem Opfer, das die Liebe bringt.
Er sang von einem Tränenmeer
im Epos des Vergehens -
und manchmal zog durch Träume
des vergessenen Brunnens Bild...

Bis sie, zurück gerufen
in das Alphabet der Schöpfer,
in jenes Brunnens tiefstem Grund
in Träume fielen -
und Bilder sahen von den Dramen
in den Büchern der Ereignisse -
und aus dem Drehbuch der Geschichte
in dem Herz der Zeit...
 

© Johann Wolfgang Busch, 2012

YouTube: "Rhapsodie auf Eee", von Christina Weidmann

 

 

'VON EFEU UND VON ROSEN WAR DAS HAUS UMRANKT', Aquarell, 2015, © Johann Wolfgang Busch
'VON EFEU UND VON ROSEN WAR DAS HAUS UMRANKT', Aquarell, 2015, © Johann Wolfgang Busch

 

NACH DIESEM ERDENLEBEN

Von Efeu und von Rosen war umrankt
das Häuschen, wie aus einem Märchenland.
Dort sah ich dich an jenem Fenster steh'n -
wie zauberhaft war unser Wiedersehn!

Als junges Mädchen last du in dem Buch
und ahntest scheinbar nichts von dem Besuch
durch deinen Sohn, der dich hier wieder fand,
dem Dorfweg folgend, hier im Geisterland.

Und du erhobst ganz sacht dein Angesicht,
es strahlte so von Freude und von Licht.
"O Mutter, hat ein Zauber dich verjüngt,
was hat dich sanftmütig und froh gestimmt?

In jener Erdenwelt, da warst du krank und alt,
nun bist du jung, und schön ist die Gestalt!"
"O Sohn, ich bin an meinem Ziele angekommen,
hab' Klänge einer Weltenmitternacht vernommen:

Nachdem ich Tode starb, nicht nur den Einen,
nachdem ich floh, und oftmals musst' ich weinen,
hab' ich dies Haus gefunden ferne aller Zeit,
hab' mich als Geist erkannt in dieser Ewigkeit.

Mit Allen, denen wir einstmals verbunden,
entdecken wir den Klang im Herz der Stunden:
Hier sehen wir der hohen Geister Streben,
wir lernen lieben, lernen zu vergeben.

Wir seh'n der Liebe ewig schöne Kraft -
die weisheitsvoll das Schicksal neu erschafft.
Hier lernen wir den Geisteskeim zu weben
und blicken auf ein neues Erdenleben."

So klang durch meinen Traum dein süßes Wort
in meiner Seele, meiner Sehnsucht fort -
ich denke oft an dieses Märchenbild zurück,
und seh' dein Lächeln, deinen Sternenblick.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2012

 

 

 

BIS ANS ENDE DER WELT
Zur Klavierimprovisation von Christina Weidmann
"Sich selbst überwinden"

So wie der Herbstwind die bunten Blätter
über die kahlen Baumwipfel trieb,
so tanzten meine Gedanken mit meiner Sehnsucht -
bis an das Ende der Welt - und darüber hinaus...

Als dann die Blätter schaukelnd zur Erde sanken,
da kehrten auch meine Kinder zurück
und brachten mir Kunde aus Welten der Ferne -
So blickte ich staunend in ihre leuchtenden Augen:

"Das Licht, das wir sahen, wirft keinen Schatten",
sagte die Sehnsucht und lächelte wie ein Kind...
"Wir erblickten die Liebe, die niemals vergeht!",
sagten die Gedanken und weinten Tränen der Freude...

"Wir sahen eines Gesichtes ewiges Leuchten,
das hatte die Welt überwunden, indem es vergab -
das leuchtete weit, über all der großen Welt Grenzen,
...das sah aus... so wie du..."
 

© Johann Wolfgang Busch, 2012

YouTube: "Sich selbst überwinden", von Christina Weidmann

 

 

 

WEGE, DIE WIR MORGEN GEHEN

Alle Wege, die wir einst gegangen
münden in die Wege, die wir morgen gehen -
die das Schicksal selbst uns ebnete
In jener ungeheuren Tiefe unbekannter Tage -

Alle Wege, die wir morgen gehen
führen uns auf Wege, die wir gestern gingen -
und ein vergessenes Geheimnis ist der Führer
zu unsrer eigenen Seele tiefstem Grund -

Dort sind vergangene Wege
Wege ungeborener Tage -
und zukünftige Wege
Wege von vergessenen Legenden -

Da sind geheime Spuren
eines völlig Unbekannten -
und ein uraltes Gleichnis
von dem jüngsten aller Tage -
 

© Johann Wolfgang Busch, 2012

 

 

 

FÜHRER DER MENSCHHEIT

Ich sah in dieser Vollmondnacht
die zartfarbenen Wolkenbilder,
die diesen Mond nur kurz
und durchsichtig verdeckten,
so wie der feingewobene Schleier
vor dem Antlitz der Geliebten
den Blick halb freigibt
auf die tiefen Seen ihrer Augen -
noch bevor der Schleier sich ganz hebt...

Ich sah in ihren Mondenblicken
Zukunftsbilder sagenhafter Zeiten,
Visionen einer Welt von Tränen
und auch die Bilder eines goldenen Tages -
und Sonnenstrahlen, die die Herzen wärmten:

In jener Stunde einer Mitternacht der Welten,
erblickte ich die Wesen
und die Seelen aller Menschen
wie in einem kalten und vergessenen Tal,
in dem Verzweiflung und Verirrung
der Gedanken und Gefühle,
die schwarzen Berge ringsumher
noch höher türmten,
bis ganz und gar der mondbeschienene Pfad
versank im Dunkel
einer namenlosen Angst...

Als die Geliebte dann
den Schleier ganz gelüftet hatte,
da sah ich Blitze, hörte Donner,
und ein Wind kam auf...
Und eine Leiter, wie aus purem Licht,
reichte hinab bis in das dunkle Tal,
und Leuchtende kamen herabgestiegen -
gleich der Gestalt von Menschen
und dem Leuchten ferner, unzähliger Sterne.
Und ihre Häupter wurzelten in Weltgedanken,
in ihren Händen trugen sie die Gaben
einer unbekannten Zukunft -
gleich jenen Königen aus fernen Landen
bei der heiligen Christgeburt:

Sie kamen, um die Angst und die Verzweiflung
in Mitgefühl mit allem Dasein zu verwandeln,
die Einsamkeit in eine Freundschaft,
die den Menschen mit der Menschheit eint,
und allen dunklen Hass in die Vergebung
und das Licht der unsterblichen Liebe...
 

© Johann Wolfgang Busch, 2012

 

 

 

PARZIVAL

Durchströmst du mit dem Wind
den Lauf der Zeit, mein Kind?
und blickst auf Welt und Sterne
mit deinem Herz so gerne?

Die Schöne aus der Kindheit,
ließt du sie nicht allein
am Scheideweg der Zeiten,
statt stets bei ihr zu sein?

So musst du einsam gehen
bis an den Rand der Zeit!
Die Liebe muss versinken
im Meer der Traurigkeit...

Ein Weg aus spitzen Steinen,
den kalt dein Herz erschuf,
wirst alle Tränen weinen,
die sie geweint - ihr Ruf

am Ende aller Welten
einst ungehört verklang,
von fernen Burgeszinnen
ertönte ein Gesang:

"O Götter haltet ferne
von mir, was zart erblüht,
damit der Herzensschönen
durch mich kein Leid geschieht."

Wie Parzival erkenne,
was er einstmals erkannt,
es war das Mitempfinden,
das Menschen erst verband:

Du bist es, der die Blüte
der Schönheit sanft berührt,
und all des Lebens Trauer
in Seligkeiten führt.

Du bist es, der das Lachen
aus Paradiesen bringt,
den Schatz kannst nur du heben,
von dem der Barde singt:

"Es liegt im Herzensgrunde
aus Gold und Licht -  ein Kind,
es strömt durch Raum und Zeiten
mit seinem Freund dem Wind."
 

© Johann Wolfgang Busch, 2012

 

 

 

DER GEHEIME GARTEN

Im Garten dieser Zeitenwende
saß ich auf einer Bank mit dir.

Im Hintergrund da spielten frohe Kinder,
und malten Bilder
an den Himmel des geheimen Gartens.

Dein Blick traf mich wie aus dem Herzen vieler Sterne,
und weckte die Erinnerung an eine lang ersehnte Zeit -
o, kleines Mädchen mit den Augen ferner Götter,
und mit dem Lächeln einer nahen Ewigkeit.

Im Hintergrund da spielten frohe Kinder,
und malten Bilder
an den Himmel des geheimen Gartens.

Als ob du hören könntest ungesprochene Worte,
von Lippen, die erst sprechen wenn die Zeit erfüllt -
dein Lächeln war wie jenes ungeborener Welten,
die jenseits aller Zeit niemals vergehen.

Im Hintergrund da spielten frohe Kinder,
und malten Bilder
an den Himmel des geheimen Gartens.

Wie Bilder fliehen in bewegtem Wasser,
so trägt der Zeitstrom deine Schönheit fort -
im Traum zerrinnt der Zauber der Umarmung,
Geliebte, werden wir uns wieder sehen?

Im Hintergrund da spielten frohe Kinder,
und malten Bilder
an den Himmel des geheimen Gartens.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2012

 

 


2011

 

VERGEBUNG

Es bat der Mensch so lange,
dass ihm vergeben werde.
Er wanderte so bange,
über die dunkle Erde.

Da sprach des Herzens Meister,
sein Ruf drang durch die Zeit:
"Musst selbst Vergebung werden,
im Herz der Ewigkeit!"
 

© Johann Wolfgang Busch, 2011

 

 


2010

 

UND ICH WOLLTE DIR NOCH ETWAS SAGEN

Heute hast du deine Schönheit entdeckt
und ich wollte dir noch etwas sagen.

Dem Lied des Windes
hast du in deinem Haar gelauscht,
und den Mondschein sahst du lächeln
in den Augen dieses Morgens.

Aus dem Garten tönte
das leise Kichern jungfräulicher Mädchen,
und die Anmut deines Ganges
mischte sich mit dem Rasseln bunter Fußkettchen
junger Frauen unten am Fluss.

Heute hast du deine Schönheit entdeckt
und ich wollte dir noch etwas sagen.

Lass' deine Schönheit kein stehendes Gewässer sein,
und kein erfrorenes Lächeln,
denn die Schönheit ist ein strömender Fluss,
und eine unbekannte Sehnsucht nach dem Meer.

Heute hast du deine Schönheit entdeckt
und ich wollte dir noch etwas sagen.

Lass' die Gestalt nicht nur Kontur der Seele sein,
und kein erstarrtes Bild im Strom der Zeit,
denn die Schönheit ist ein feuriger Tanz,
und die zärtliche Umarmung sich ewig Liebender.

Heute hast du deine Schönheit entdeckt
und ich wollte dir noch etwas sagen.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2010

 

 

 

AN DIE GELIEBTE

Weißt du noch,
als wir in einem lange vergangenen Leben
auf der großen Wiese des Paradieses standen?
Als unsere Augen und Gesichter widerstrahlten
von der Abendsonne einer spät heimkehrenden Erde?

Weißt du noch, als wir in das Gesicht der Liebe sahen,
wohin unsere jungen Augen auch blickten?
Wie oft warst du seither am Fenster,
schauend nach den Blicken des Geliebten,
lauschend auf das Nahen seiner Schritte?

Verblichen war das Bildnis jenes überirdischen Gartens.
Verströmt, die Strahlen unendlicher Freude.
Warum auch mussten unsere Seelen
sich das Flussbett selber graben,
In dem die Tränen ihrer Sehnsucht sich
den Weg über die traurige Erde bahnten,
sturmgetrieben, suchend,
nach einem fernen, unbekannten Meer,

nach einem  Traum in weiter Ferne?
In dem die Blicke Liebender sich wiederfinden,
auf der großen Wiese des Paradieses stehend.
Wo unsere Augen und Gesichter widerstrahlen
von der Abendsonne einer spät heimkehrenden Erde!
 

© Johann Wolfgang Busch, 2010

 

 

 

DEIN LACHEN

Dein Lachen war wie Blitz und Donner
und wie der Sturm eines Gewitterregens im Sommer.
Dein Lachen war wie das Zwitschern der Vögel
vor Sonnenaufgang,
und wie das Singen vieler Blumen
an einem Frühlingsmorgen.
Angstlos, wie das Lachen spielender Kinder
im Garten der Götter,
und ungehemmt,
als hörte man die Freude selber lachen,
in ihrem unvergänglichen Garten.
Nie zuvor hatte ich ein Kind so lachen gehört.

Da sprachen die dunklen Kräfte der Welt:
"Habt ihr dieses Lachen gehört?
Wir können es niemand erlauben, so zu lachen,
in den dunklen Zimmern der traurigen Erde!
Wir wollen dieses Lachen verwandeln in Weinen,
denn zu sehr erinnert es die Menschen
an die Gärten der Freude!
Lasst es uns verwandeln in Trostlosigkeit
und in das hoffnungslose Wimmern
einer sterbenden Welt,
denn zu sehr erinnert es die Menschen
an das Lachen der Freundschaft
im Herzen des verlorenen Paradieses!"

Und dein Lachen verklang
auf den einsamen Wiesen der Traurigkeit,
und es erstarb
im Getöse menschlicher Geschäftigkeit,
auf den Marktplätzen finsterer Städte.

Und nie mehr habe ich ein Kind so lachen gehört.

Da sprachen die lichten Kräfte der Welt:
"Auf der Erde erinnert die Menschen nichts mehr
an die Stille des endlosen Meeres,
und ihr Schiff,
das sie zu den Gestaden eines neuen Tages bringen soll,
haben sie vergessen!
Wir wollen die Traurigkeit wandeln,
in den Sonnenaufgang einer vergessenen Freude,
und die Angst wollen wir verwandeln
in die ungehemmten Ströme des Windes,
der die Segel des rettenden Schiffes bläht.
Die Einsamkeit aber lasst uns verwandeln
in das Lachen spielender Kinder
in den ewigen Gärten der Götter."

Da hörte ich dich wieder lachen,
als wären die Tränen der Welt nur ein Traum gewesen.
Und tausend Blüten öffneten sich sehnend der Sonne,
da wusste ich, dass dein Lachen gesiegt,
und die Liebe
uns zärtlich in ihre Arme genommen hatte.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2010

 

 


2005

 

DAS UNERKANNTE REICH

Als aufgetan ward das Tor zur Unterwelt
erhob sich das Geschrei von schwarzen Riesen
in der Welt der Menschen,
und - Blut im Überfluss wurde vergossen
in dieser wissenschaftlich aufgeklärten Zeit.
In einem Mittelalter zwischen Weltennächten,
als kollektiver Irrsinn mit Getöse
den zarten Ruf des Gottessohnes
ganz zu übertönen suchte,
da rief er seine Auserwählten in die ungekannte Stille,
bis in ein Reich im Innersten des Herzens,
zu einer heiteren Unsterblichkeit,
inmitten einer Welt des Todes,
durch gold'ne Tore einer Ewigkeit
mitten und unerkannt im dunklen Rausch der Zeit.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2005

 

 


2002

 

DER GOTT IM NÄCHSTEN

Wenn die Zeit der Aggressionen vorüber ist,
und die Zeit der Kirchen,
und die Zeit der Autoritäten,
und wenn die Menschen für sich sind,
statt gegen sich -
dann wird das Leben die Kirche sein,
und das Licht der Erkenntnis,
die einzige Autorität,
und der unendliche, ewig lebendige Gott
wird durch die Augen der Menschen blicken -
und erkennen wird der Nächste
den Gott im Nächsten.
 

© Johann Wolfgang Busch, 2002

 

 

 

ABENDSTIMMUNG

Verborgen in den Tiefen einer sterblichen Natur,
vergraben wie seit tausend, abertausend Jahren,
so liegt er schweigend da, ein Gott -
das Ungewordene ...

Unbemerkt und harrend eines fernen Tages,
ist es doch offenbar und sichtbar jenem Auge,
das durch den Zeitenlauf des großen Weltenrades reifte,
zu schauen auf das offenbarste der Geheimnisse ...

Die Menschenstimmen, raunende, sie sprechen
durch diesen Traum der Nacht und des Vergehens,
nur oberflächlich, unbewusst ihm Lob -
als unerkannter, momentaner Ausdruck eines Unvergänglichen ...

Und Abendrot am Horizont der Zeitenwende,
es kündet von der neuen, ungeahnten Zeit,
in der erwachend sich die Menschen öffnen werden,
um zu empfangen, was die Nacht in Licht verwandeln wird ...
 

© Johann Wolfgang Busch, 2002

 

 


1999

 

BOTSCHAFT

Wie aus dem Himmelsgewölbe des Lebens,
wie aus dem Deckenspiegel meines Seins
kamt ihr mir entgegen -
als die Todesengel meines vergänglichen Lebens -
als Geburtsverkünder meines ewigen Ich.

Und wir gingen durch die Straßen und Gassen
dieser Erde, und ich durfte Führer sein euch,
wie außerirdischen Allwissenden,
und zeigen euch die Qualen meiner Seele.

Die blutrünstigen Peiniger der Menschen,
die schwarzen Horden aber waren machtlos -
zu kindlich rein war euer Angesicht,
und zu allwissend war die Tiefe eurer Augen.

So weiß ich nun, dass nicht nur Dunkelheit
in meinem Herzen wohnt,
ja, dass auch machtvoll Hilfe naht,
aus göttlich hellen Lebensreichen
meines wahren Selbst.
 

© Johann Wolfgang Busch, 1999

 

 


1998

 

REINKARNATION

O Bote aus dem Himmel,
o Kind der Ewigkeit,
du tauchtest ins Gewimmel
der Welt von Raum und Zeit.

Es trifft in großer Liebe
von oben mich dein Blick,
und uns'rer Seelen Triebe
verbindet ein Geschick:

"Geschlossen an dem Brunnen
am Waldrand einst zu zweit",
so hat dein Lied geklungen
zum Wiederseh'n bereit.

Weil deine Augen Sterne,
dein Herz die Sonne ist,
will ich dich nicht vergessen
wenn du ein Kindlein bist

das hier im Reich der Schatten
zur Selbsterkenntnis reift,
und einst mit Sternenblicken
als Geist sich selbst begreift.
 

© Johann Wolfgang Busch, 1998

 

 

 

UND WÄRE ICH WIEDER KIND

Und wäre ich wieder Kind, so wünschte ich,

dass mein Vater Gott nahe wäre,
und wenn ich auch schliefe,
seine Liebe meine Träume bewahrte,
und seine Phantasie meiner Kindheit
Spiel- und Wiesengrund.

Und wäre ich wieder Kind, so wünschte ich,

dass meiner Mutter Anmut und Schönheit
wäre wie Märchen der Kinder selbst,
und ihre zartesten Gestalten -
meines ersten Erlebens
zauberhafte Abenteuer.

Und wäre ich wieder Kind, so wünschte ich,

dass meine Eltern sich liebten,
und ihre zärtliche Verbundenheit
über das Grab hinaus,
flüstern würde in meinem Herzen,
erzählend die Geschichte ewig Vereinter.
 

© Johann Wolfgang Busch, 1998

 

 

 

BLÜTE UND LICHT

Wie sollten sich nicht lieben
die Blüte und das Licht?
Streckt doch mit allen Trieben
ihr zartes Angesicht,

die Blume hoch zur Sonne,
die hüllt ins Licht sie ein,
sie wollen nur in Wonne
vereint für immer sein!
 

© Johann Wolfgang Busch, 1998

 

 


1997

 

BLÄTTER

Ich dacht' es sind nur Blätter,
verwelkte nur im Wind -
die Formation erzählte
mir, dass es Vögel sind.

Nur Tiere dacht' ich sind es,
ein Aff' im Sonnenlicht -
doch sprachen diese Augen
manch' menschliche Geschicht'.

Ich dacht' ich seh' nur Menschen,
nur Menschen in der Zeit -
da sah ich Götter weben
im Reich der Ewigkeit.
 

© Johann Wolfgang Busch, 1997

 

 


1996

 

ZEIT UND EWIGKEIT

Wer das Rad hat,
hat die Zeit,
wer die Achse,
Ewigkeit -
 

© Johann Wolfgang Busch, 1996

 

 

 

EINEN AUGENBLICK LANG

Dein Gesicht erscheint
für einen Augenblick lang
in dieser Welt von Raum und Zeit.
Und einen Augenblick lang

spiegeln sich in deinen Augen
Meere und Gebirge,
und auf deiner Stirn
des Himmels unendliche Gestade.

Einen Augenblick lang
huscht über deinen lachenden Mund
des Geistes selige Liebe, und der
ewigen Gestirne unbeschwertes Spiel.
 

© Johann Wolfgang Busch, 1996

 

 


1994

 

ZAUBERSPRUCH

Dass diese dunkle, graue Welt
so leuchtet wie ein Himmelszelt,
drum murmle ich mein Zauberwort,
dass auch der allerkleinste Ort
durch meinen Stab, das wünsch' ich sehr,
sich wandelt in ein Sternenmeer.
 

© Johann Wolfgang Busch, 1994

 

 


1993

 

DIE HEBAMME

Er fragte mich "Was ist eine Hebamme?"
Darauf erwiderte ich:

"Ein Meilenstein ist sie der tiefen Schmerzen,
und unbeschreiblicher Freuden.
Ein Wächter am Tor zum Leben ist sie,
und ein Trost in der Einsamkeit ungewissen Erwartens.
O, wie sehr hängen zusammen Lachen und Weinen,
und untrennbar verbunden sind Geburt und Tod.
Das Leben war immer schon die Hebamme seiner selbst gewesen,
und wird es sein in Gottes ewigem Bestehen.
Der Tod aber ist die Hebamme des unsterblichen Menschen -
damit nicht ewig lebe, was vergehen muß -
damit entstehen darf, was ewig leben soll.
O, wie sehr hängen zusammen Abschied und Wiedersehen,
und untrennbar verbunden sind Zeit und Ewigkeit!

Weißt du jetzt was eine Hebamme ist?", fragte ich ihn.
Er aber schwieg.
 

© Johann Wolfgang Busch, 1993

 

 


1992

 

UND LEISE WEHT DER WIND

Ich kenne einen Blumengarten,
dort singen die bunten Vögel
im saftigen Grün der Bäume
Lieder von ewiger Schönheit -

und leise weht der Wind.

Die Kinder spielen vergnügt
im lauschigen Schatten der  Bäume.
In ihren Augen träumen
unbekannte Sterne -

und leise weht der Wind.

Ein Blumenmeer fließt lächelnd
durch die Wiesen,
und flüstert Märchen,
die kein Mensch gehört -

und leise weht der Wind.

Vom Brunnen tönt die Hirtenflöte
durch den Garten,
unsterblich sind die Weisen
die sie spielt -

und leise weht der Wind.
 

© Johann Wolfgang Busch, 1992

 

 


1987

 

EINSAMKEIT

Gestern Nacht wünscht ich, du wärst bei mir gewesen -
aus Einsamkeit hab ich ein Buch gelesen,
von unsres Kaspar Hausers tiefem Seelenleid -
und von der Kraft in ihm, der Seele ohne Streit.

Da sah ich was mein eig'nes Leben hemmt -
was mich vom großen wahren Leben trennt:
Die Lust der Vielen, die im Innern streiten,
ein Kampf, wahrhaftig - noch aus alten Zeiten!

Ich fragte ihn: "Wie kann ich mich befrein?"
"Lern' lieben", sprach er, "Mensch lern' zu verzeih'n!
Der Streit gleicht einem tausendköpf'gen Drachen.
Ist's Außen still, so ist's der inn're Rachen.

Zum Fressen, ja, da ist er stets bereit,
und gut frißt er - ist unter Menschen Streit.
Wer den besiegt, der kennt die Ewigkeit -
Die Andern träumen nur und nennen es die Zeit!

Und du mußt einsam sein solang' du dies nicht fasst,
und mit dem Menschen noch die inn're Gottheit hasst.
Ewig vereint nur werden jene Menschen sein:
Die wahrhaft Liebenden - die stets aufs Neu' verzeihn!"
 

© Johann Wolfgang Busch, 1987

 

 


1986

UND DIE GESICHTER DER HÄUSER STARRTEN STILL, Pastell, 2013, © Johann Wolfgang Busch
UND DIE GESICHTER DER HÄUSER STARRTEN STILL, Pastell, 2013, © Johann Wolfgang Busch

 

TANZ

Heute Nacht,
als der Wind die Bäume zum Tanze versammelte,
lauschte ich ihrem Lied.
Und die Gesichter der Häuser starrten still -

Ja, wenn die Menschen in ihren Häusern schlafen,
versammelt der Wind die Bäume;
er ruft dann zum Spiel und zum Tanze.
Dann singen die Bäume ihr Lied:

"Dereinst, da werden wir Menschen sein,
wenn Innen ist, was jetzt noch Außen ist!
Der Wind, der uns im Haare spielt,
das wird ein Lied der Engel sein,

das durch die Seele strömt,
wenn Innen ist, was jetzt noch Außen ist!
Dereinst, da werden wir Menschen sein..."
Und die Gesichter der Häuser starrten still -

Wo fängt es an, und wo verebbt
das Lied der großen Allnatur?
"Dereinst, da wirst du ein Engel sein,
wenn Innen ist, was jetzt noch Außen ist!

Wenn sich dereinst aus deinem Leib,
der Bäume Leib erhebt,
und hoffend eines Menschen Herz,
nach deinem Herzen strebt,

dann wird das Werden der Natur,
in deinem Blut die kühne Bahn beschreiben,
wenn Innen ist, was jetzt noch Außen ist!
Dereinst, da wirst du ein Engel sein..."

Und die Gesichter der Häuser starrten still -
 

© Johann Wolfgang Busch, 1986

 

 


1985

 

IDEE DER FORM

Dort, wo die Punkte ewig sind im Raum,
entsteht durch jene schöpferischste aller Kräfte,
der Linien zart bewegtes, lebensvolles Wogen,
das sich zu Flächen einer andern Dimension gestaltend,
die Körper bildet, die wir Menschen kennen.

Und so, wie sich die Körper unterscheiden,
so different ist auch die Vielzahl jener Kräfte,
die gleichgerichtet hier im Stoff erscheinen,
zu zeugen von der ersten der Ideen -
Erstarrt im Leib ist die Idee der Form!
 

© Johann Wolfgang Busch, 1985

 

 

 

FRÜHLINGSHOFFNUNG

Und wieder trägt sie weißes Haar,
goldfarben die Natur -
nun ist sie nicht mehr was sie war,
und er erahnt es nur,

der Mensch, wenn er sich jetzt besinnt,
Natur, die ihm erzählt,
wie sie den goldenen Faden spinnt
und sich auf's neu vermählt

der Himmelskraft - das Sonnenlicht
läßt sie in sich gewähren,
so strebt sie fort sich wieder neu
im Frühling zu gebären.

Und stille geht sie in sich ein
den zarten Keim zu pflegen,
ein Kind des Himmels wird er sein,
ein Meer - ein Blütenregen!
 

© Johann Wolfgang Busch, 1985

 

 


1984

 

SEHNSUCHT

Vögelchen flieg',
flieg' ganz hoch,
immer höher
Vögelchen,
ganz tief
in den Himmel hinein -
Dorthin,
wo die Luft still steht.
Und dann bring' mir Kunde,
bitte Vögelchen -
erzähl' mir dann
von dem ewigen Blau
des Himmels,
der dein Herz
erfüllt.
 

© Johann Wolfgang Busch, 1984

 

 


1980

 

NATUR-ERKLINGEN

Hörst du dies liebliche Erklingen der Natur?
Dies milde sanfte Lied,
das da singt vom Kommen und Gehen,
vom Erblühen und Verwehen -
Hörst du diesen Klang von Zeit,
und endlos tiefer Ewigkeit?
 

© Johann Wolfgang Busch, 1980

 

 


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